Newsletter der nmz 70 Jahre

Sehr geehrte Newsletterabonnentinnen und -abonnenten,

Nachrichten sind nie neutral. Gestern im Spiegel: “Gegen die EU-Urheberrechtsrichtlinie waren einst Zehntausende auf die Straßen gegangen – aus Angst um die Meinungsfreiheit. Eine Klage Polens am Europäischen Gerichtshof ist nun gescheitert.” Oder hier im Tagesspiegel: “Vor drei Jahren demonstrierten allein in Deutschland Tausende gegen die EU-Urheberrechtsreform. Im Internet wurden Aufrufe prominenter Gegner insbesondere gegen die Upload-Filter millionenfach geteilt. Ohne Erfolg, die Reform wurde angenommen und 2021 in Deutschland durch Beschluss des Bundestages in nationales Recht übernommen.“

Kurz: Der Widerstand gegen die Reform des Urheberrechts auf EU-Ebene war das wichtige Ereignis, nicht etwa dass tausende Urheber*innen froh waren, endlich dieses so existentielle Recht an die Netzrealität angepasst zu bekommen. Jedenfalls nicht als Aufhänger. Was damals wogte, bewegt heute nur noch wenige. Nicht nur wegen Pandemie und Krieg, sondern weil eben auch die ganzen apokalyptischen Befürchtungen, die die Kritiker*innen des Gesetzes in die Welt gesetzt haben, sich in bewahrheitet haben. Es war vom Ende des Internets die Rede, von Zensur, dem Ende der Meinungsfreiheit. Aber, iwo! Die Hassreden, die Falschzitate, die Shitstorms blieben erhalten. Im Gegenteil: Nachdem man sich vor YouTube und Google und Co gestellt hat, wogt es in Richtung Twitterkauf durch Elon Musk mit umgekehrten Vorzeichen in die andere Richtung. Verrückte Welt, oder?

Und wenn man sich dann anschaut, wie stark die Nutzung von Twitter in Deutschland ist, die von der ARD/ZDF-Onlinestudie 2021 gemessen wurde, dann rauft man sich die Haare und fragt sich: Wen interessiert es?

Wöchentliche Nutzung Twitter (in Klammern, tägliche Nutzung):

  • 14-29-jährige: 9% (2%)

  • 30-49-jährige: 5% (2%)

  • 50-69-jährige: 2% (1%)

  • über 70-jährige: 1% (1%)

Aber eines ist sicher, das liegt nicht an der Umsetzung der Urheberrechtsreform. Einen schönen Tag noch.


nmz-Thema

Das Opera Lab Berlin als Grenzgänger zwischen den Genres
Ein Beitrag von Stefan Drees 

Who’s Afraid of Pop Culture?“ Zumindest nicht die Mitglieder des Opera Lab Berlin, denn sie beantworten diese Frage mit fünf Musikvideos, in denen Vorlagen aus der jüngeren Popmusikgeschichte auf kreative Weise musikalisch wie visuell neu verhandelt werden. Weiterlesen


KRITIK


HÖRBAR - Jazz und sowas in der Art

  • Markus Reuter: Truce 2 (… Das Trio um Markus Reuter findet sich zusammen in einer krachenden Orgie aus musikalischer Energie. Robustes Musizieren in sieben utopischen Räumen. Das krächzt zu Beginn aus den Lautsprechern in einer Mischung purer losgelassener Klangrhythmen.…)

  • Roever Quartett: Hell’s The Hippest Way To Go (Musik, die einen einfach selig machen kann, weil sie mit so eleganter Freundlichkeit den Tönen nichts abpresst, sondern sich laufen lässt)

  • Moritz Preisler Trio: Raureif (Wenn bei der letzten Nummer „Pulverisation“ der Bass von David Helm irgendwann allein im Raum steht, erreicht diese Musik eine derartige Konzentration in Leere, dass man kurz versinkt und die Musik schließlich ausatmen kann in den anschließenden Klangsplittern von Moritz Preislers Klavier und den Rhythmusresten des Schlagzeugs von Jan Philipp. Schön das!)


NACHRICHTEN


Was gibts im Radio?


Martin Hufner

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