Newsletter der nmz 70 Jahre

Sehr geehrte Newsletterabonnentinnen und -abonnenten,

ich habe mir gestern einen abwaschbaren Overall mit Visier bestellt. Falls ich überhaupt noch jemals wieder in eine Veranstaltung gehen sollte. Naja, vielleicht übertrieben. Kritiker*in, ein gefährlicher Beruf. Vor allem ungerecht all denen gegenüber, die Kritik in jeder Form mindestens ebenso ertragen können wie das Publikum manche Veranstaltung. Bisher konnte ich insbesondere bei Pressestellen immer nur von guten Erfahrungen berichten. Dass das Verhältnis zwischen Künstler*innen und ihren Kritiker*innen noch nie wirklich ganz entspannt war, ist keine Neuigkeit und es setzt sich zwischen Künstler*innen und Kritiker*innen intern fort. Die Attacke in Hannover, wo jetzt Hundekot zum Einsatz kam, ist allerdings außergewöhnlich ekelhaft. Die Gerichte werden dazu sprechen. Anzeige ist erstattet.

Was wollte ich sagen? Der Ton wird insgesamt rauer, härter und unversöhnlicher, scheint mir. Moralischer Maximalismus ist im öffentlichen Streit untereinander angesagt. Das rührt ein bisschen auch daher, dass „Spaltung“ propagiert wird, wo eigentlich nur Streit um bessere Argumente ausgefochten werden muss. Denn, wenn alle nur einer Meinung wären, wo wäre dann noch Abweichung möglich. Zwischen totaler Konformität und totalem Streit gibt es doch das ganze Grau des produktiven Umgangs miteinander.

Und nun bin ich auch gleich wieder ruhig. Ist mir selbst etwas peinlich, diese Rumgepredige. Frühkindliche Defizite. Sehnsucht nach Harmonie mit konstruktiven Dissonanzen. Leute, Menschen, seid gut zueinander. Bleibt im Herzen verbunden.

Unsere Top-Artikel aus der quicklebendigen neuen musikzeitung (print wie online und medial):


Spielerei? Die Chancen von Videospielen und Musik - Felix Falk, Geschäftsführer game – Verband der deutschen Games-Branche e. V.

2018 fusionierten die beiden Verbände Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) und GAME – Bundesverband der deutschen Games-Branche zum game – Verband der deutschen Games-Branche. Felix Falk ist Geschäftsführer des Verbandes und Saxophonist. Wie es um die deutsche Spieleindustrie steht und warum das Genre auch für Musikschaffende relevant ist, erläutert Felix Falk im Gespräch mit Mathis Ubben. Weiterlesen

Meister Guru – und Täter?

Der Pianist und Hochschulprofessor Florian Hölscher (Musikhochschule Frankfurt) setzt sich vorbildlich für die Aufklärung und Verhinderung von Machtmissbrauch ein und hat dazu einen sehr erhellenden Artikel geschrieben.

To do or not to do

In eine solche Propaganda passt ein Konzert mit deutschen Komponiste geradezu perfekt. Denn es sagt doch: „seht, das europäische Volk begrüßt den Kulturaustausch mit uns, nur eure Anführere zwingen euch eine andere Position auf“. Weiterlesen


KRITIK

Ernstfall „Neue Musik“ beim Festival „Visions“ in der Hamburger Elbphilharmonie

Den Programmgestaltern in der Hamburger Elbphilharmonie ist es „wirklich ernst damit“, der Neuen Musik einen eigenen und umfangreichen Raum zuzugestehen. In neun Tagen konnte man bei dem Festival „Visions“ 19 Kompositionen hören, die in den letzten Jahren entstanden sind. Neue Musik ist vielgestaltig und teilweise ungewohnt – aber sie ist auch ein Teil unserer Zeit und von uns selbst. Weiterlesen

Augenblicke übermütiger Vollkommenheit – Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ in Bremerhaven

Eine einfallsreiche Umsetzung Offenbachscher Frechheiten durch die Regisseurin Isabel Hindersin hat unsere Kritikerin Ute-Schalz-Laurenze am Stadttheater Bremerhaven erleben dürfen, obwohl man von dem Gesungenen kein Wort habe verstehen können. Mit dem Philharmonischen Orchester und dem Opernchor Bremerhaven unter der Leitung von Hartmut Brüsch konnte man sogar einem Uraufführungskritiker folgen, der sagte „Diese Musik könnte Tote erwecken.“ Weiterlesen

Zeuge von Ungerechtigkeit und Gewalt – Luigi Nonos „Intolleranza 1960“ am Theater Basel

Die Stühle im Zuschauerraum des Basler Theaters sind abgedeckt. Das Premierenpublikum steht etwas verloren in den Gängen. Von Ferne ertönt ein vielstimmiger Chor. „Lebendig ist, wer wach bleibt/ sich den anderen schenkt/das Bessere hingibt/niemals rechnet“, ist auf dem Eisernen Vorhang zu lesen, der langsam hochgefahren wird. Dann betritt man, von stummen Begleitern geführt, die Bühne. Einige Stehleitern sind im Raum verteilt, Menschen liegen wie tot am Boden. Man verteilt sich im Raum, setzt sich auf Stühle und weiß bald nicht mehr, wer Akteur ist und wer Zuschauer. Dann fährt die stählerne Wand wieder nach unten. Und man ist eingeschlossen im Theaterraum – und mitten im Geschehen. Weiterlesen

Aus der dumpfen Schwärze des Menschseins – „Cavalleria rusticana“ und „Der Bajazzo“ am Theater Ulm

In letzter Zeit gab es mehrere Einzelgänge und Neupaarungen der als unverwüstlich geltenden Opernzwillinge „Cavalleria rusticana“ von Pietro Mascagni und „Pagliacci“ von Ruggero Leoncavallo. Am Theater Ulm kam das Verismo-Doppel jetzt wieder in einer vor szenischer und musikalischer Energie explodierenden Lesart heraus. Weder der erste noch der zweite Teil des Abends sind etwas für schwache Nerven. Christian von Götz entwickelte schaurig bezwingende Studien über die Bestie Mensch im Faschismus und deren eigene Abgründe. Alle Musiktheater-Kräfte des Theaters Ulm zogen begeistert mit. Großer Applaus.Weiterlesen

Violeta Dinescu – „Trajektorie“: sphärisch-schummrige Gesten auf CD

Es klingt dunkel, aber nicht unbedingt düster. Eine Blockflöte tänzelt melancholisch um die ruhig abwartende Linie einer anderen Blockflöte. Eigentlich ist Violeta Dinescus „Immaginabile“ (1993) ein Solostück – für „Trajektorie“, die bei DreyerGaido erschienene Kammermusik-CD mit Werken Dinescus, hat die Blockflötistin Gudula Rosa auf Wunsch der Komponistin aber zwei Spuren aufgenommen: wie selbstverständlich agiert sie mit sich selbst. Weiterlesen

Liebevolle Rekonstruktion – „Anatevka“ an der Musikalischen Komödie Leipzig

Die Inszenierung ist Erinnerung und Hommage an die historische ostjüdische Lebenswelt, die sich wohl nur wenige noch vorstellen können. In der Leipziger Neuinszenierung wird sie in authentischen Kostümen wieder lebendig, ohne museal oder allzu folkloristisch zu wirken“, findet unser Kritiker Dieter David Scholz. Weiterlesen


Jazz in der HörBar

Big Bäng! Trio – Singularity

Keine Frage, auch diese drei Jungs spielen sauber und feinsinnig, mal grob, mal luftig und mal eng. Dafür ist die CD mit ihren 18 Tracks auch umfangreich genug. Da kann man schon mal die ganze aktuelle Poetik des Triospiels abgrasen. Da darf es eben alles sein. Das ist gekonnt, aber es ist auch «nur» gekonnt. …

Magnus Mehl – Upside Down And In Between

Schon mit dem ersten Track «Punchline» kocht die klingende Materie hoch. Wirkt anfangs die Themenbildung arg konstruiert mit ihren Sprüngen, verwinden sich im Laufe des Stück die Linien der beteiligten Musiker zu einem echt geilen Ding. …

Mathias Rüegg – The Advantage of Writing Music

Der Leiermann bettelt nicht mehr … Das alles hat seinen Charme und seine eigene Qualität. Vielleicht sind es sogar schon Denkmäler der Tonkunst des musikalischen Eigensinns. …

Theo Croker – Love Quantum

Aber auch nicht mehr. Fluide sind sie ja längst und morsch auch und porös, diese ganzen Genrebegriffe und Genregrenzen. So spielt es hier eben keine Rolle, denn diese Musik ist längst aufgegangen im Singsang der amerikanischen Popkultur bei der sich Musiker:innen aus den entgrenzten Bereichen von Jazz und HipHop die akustische Klinge, äh Klinke, nee, den Klingklang, in die Hand eben – with ganz viel Love, logisch. …

Axel Kühn Trio – Lonely Poet

Geschmackvoll jedoch insgesamt in jedem aller denkbaren Fälle. Bestenfalls zu viel des Guten ab und an: Also an mancher musikalischen Ecke zu sehr aromatisiert – man möchte beim Mithören dann und wann einen Kratzer in den Klanglack ritzen. Aber die Herren hier kriegen immer noch die Kurve.…

Michael Kubes HörBar No. 77: Haydn und Mozart

Mozart / Beginning & End

«Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne»so heißt es bei Hermann Hesse, und diese Worte treffen auch auf diese, ich möchte sagen: sensationell unspektakuläre Einspielung zu. Sie ist der Auftakt zu einer, man mag es dieser schnelllebigen Zeit kaum glauben, Gesamteinspielung (!) aller Mozart-Sinfonien, die bereits in der ersten Folge für alles Weitere Maßstäbe setzt.

Haydn / Sinfonien Vol. 27

Nach einigen Jahres der erzwungenen Pause (Chefdirigent Thomas Frey musste wegen eines fatalen Unfalls am Ende den Taktstock gänzlich aus der Hand legen) geht es nun mit Folge 27 bei der Gesamteinspielung der Sinfonien von Joseph Haydn mit zügigen Schritten auf die Zielgerade.


Aus der JazzZeitung


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Martin Hufner

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