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Zu Daniel Barenboim
Da denkt man, die Sache ist durch, da nimmt sie erst Fahrt auf. Welche Sache? Daniel Barenboim und das System Staatsoper Berlin. Vorausgegangen war ein Artikel aus der letzten Woche im Online-Magazin VAN mit dem Titel „Der Poltergeist – Wer hat Angst vor Daniel Barenboim“. Wir müssen hier diese Würdigung Barenboims nicht eigens wiederholen. Hartmut Welscher und Jeffrey Arlo Brown haben zahlreiche Belege gesammelt, die einige eigenartige Verhaltensweisen des „Pultlöwen“ aufzeigen soll. „Für diese Geschichte sprach VAN mit über einem Dutzend Personen, die in den letzten zehn Jahren eng mit Daniel Barenboim zusammengearbeitet haben: aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Musiker, Verwaltungsangestellte und Politiker. Die Mehrheit dieser Quellen sprach mit uns unter der Bedingung von Anonymität und begründete dies mit der Angst vor negativen beruflichen Folgen. Wir haben auf ihre Anfrage hin einige Identifizierungsdaten geändert.“
Artikel zum Artikel folgten auf rbb und anderen Orten. Jetzt zum Ende hin hat sich auch Musikratsehrenmitglied Eleonore Büning in einem Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk dazu geäußert. Sie sagt da: „Diesen Text, der da in diesem Online-Magazin erschienen ist, halte ich für eine Katastrophe. Ich weiß nicht, wie der zustande gekommen ist. Sie haben es schon erwähnt, dass dort alle möglichen Zeugen zitiert werden, aber niemand wird namentlich genannt.“
Leider bleibt es aber Bünings Geheimnis, was Sie am Text tatsächlich auszusetzen hat. Ist es eine Katastrophe, dass sie nicht weiß, wie er zustande gekommen ist? Oder nur eine, dass er nicht von ihr recherchiert worden ist. Dass Daten anonymisiert sind, das sollte sie wissen, heißt ja nicht, dass deren UrheberInnen unbekannt wären. Wenn das System Barenboim so ist, wie es Welscher und Jeffrey Arlo Brown bei VAN beschreiben, erklärt es auch genau dieses Verhalten in Anonymität, denn es wären Sanktionen zu fürchten. Das Problem dabei ist, wie so häufig, gegenseitig: Verteidigen kann man sich gegen diese Vorwürfe dann auch schwerlich.
Die Frage ist: Wem ist mit all dem jetzt geholfen? Den Opfern eines Maestro? Ändern lässt sich der nicht mehr und die Situation später heilen, ebenfalls nicht. Daniel Barenboim ist auch nicht geholfen, er wird sein Verhalten, sollte es so gewesen sein, nicht ändern. Einen alten Topf verpflanzt man nicht. Dem Publikum? Auch das wird sich kurz wundern und dann in den nächsten Plattenladen gehen.
Wenn man etwas aus der Geschichte mitnehmen kann, dann vielleicht immerhin dies, dass keine Fassade im Musikbereich ohne Risse ist. Kult lohnt sich nicht: Nicht für die Kunst und nicht für die Menschen. Kult kann man sich abschminken.
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