Liebe Newsletterabonnent:innen, wie heißt es in der Filmversion von „Die Verkaufte Braut“ aus dem Jahre 1932 so schön: „Kunst ist schön. Macht aber viel Arbeit!“ Und wenn Sie die ein oder andere Meldung über die steinige Kulturpolitik, mit denen sich Musikvermittler:innen und Institutionen herumschlagen müssen, sowie die Arbeitsrealitäten der Künstler:innen gelesen haben oder vielleicht sogar direkt betroffen oder beteiligt sind, erwischen Sie sich vielleicht manchmal bei der Frage: „Warum mache(n) ich/die das eigentlich?“ Verständlich wäre es. Also, warum? Ein Grund ist sehr menschlich und zeigt sich heute sehr deutlich, weil es in Deutschland ganz gewaltig menschelt: Selten ist sie so präsent, unsere Schwäche für Musik, wie heute zur Fête de la Musique. Selten kann Musik so frei von zuvor geplanten Rahmen oder nur im Kopf gedachten Schranken sein, wie heute. Um sich entsprechend einzustimmen und vielleicht auch zu verstehen, warum das Kind des bundesweiten Tag der Musik auf einen französischen Namen hört empfiehlt sich die Lektüre von Ralf-Thomas Lindners Artikel zur Fête. Das ist die neunte Ausgabe seiner Reihe zu musikalischen Jahrestagen. Vielleicht fehlt aber auch etwas Inspiration und große Menschenmengen sind Sie wegen der EM im eigenen Land sowieso gerade eher satt? Eine Scroll-Sekunde weiter unten haben wir die Noten-Strecke zu Neuerscheinungen und -kompositionen. Das Stichwort Noten kann bei Kunstverdrossenheit vielleicht auch helfen: Schließlich kann so eine Jubiläums-Geschichte wie die der Notenfabrique André, vor 250 Jahren begonnen mit Musikverleger Johann André, auch nochmal in Erinnerung rufen, wie bedeutend lang zurück unsere Musiktradition reicht. Claudia Irle-Utsch hat sich die gute Stube in Offenbach angeschaut, das Jubiläumsjahr wird reichhaltig gestaltet, nicht nur in Offenbach. Die Andrés sind als Flüchtlinge in Offenbach untergekommen und haben mit Ausgaben von Mozart, Beethoven und dergleichen deutsche Musikgeschichte geschrieben… Die hiesige Musikgeschichte besteht aber, wie die Fête ja auch zeigen wird und zeigt, nicht nur aus Mozart, Beethoven und Bach. Kennen Sie beispielsweise Richard Werner Heymann? Wenn „Nein“ – müssen Sie an ihren Lügen arbeiten. Ich zumindest nehme Ihnen nicht ab, dass Sie noch nie etwas von deutschlands erfolgreichstem und jüdischen „Unterhaltungskomponisten“ gehört haben. Anlässlich eines Konzertberichts hat Oliver Hochkeppel in unserer JazzZeitung die Möglichkeit gegeben, diese Bildungslücke zu schließen. André kam aus der Fremde und Heymann kam nach seinem Exil zwischen ‘33 und ‘51 aus der Fremde zurück. So vielseitig wurde und wird auch auf der Fête „deutsche“ Musikgeschichte geschrieben. Heymann hat vertont „Das gibt’s nur einmal / Das kommt nicht wieder / Das ist zu schön / Um wahr zu sein“. Was war die Frage am Anfang noch gleich…? Und jetzt: Wochenende. Mathis Ubben nmz 2024/06 & nmz.de Musikalische Jahrestage (9) | 21. Juni – Bundesweiter Tag der Musik / Fête de la Musique Ralf-Thomas Lindner – Musik ist der Kitt, der unser gesamtes Dasein sicher zusammenhält. Der „Bundesweite Tag der Musik“ am 21. Juni will dafür immer wieder das Bewusstsein schaffen… Ein Flügel für Mozart - 1774 wird in Offenbach die „Notenfabrique André“ gegründet Claudia Irle-Utsch – Feinste Ware haben sie produziert, die Andrés. Sie waren zunächst fremd in Offenbach, kamen aber als Seidenfabrikanten bald zu Wohlstand und wurden zu anerkannten Bürgern. Am Ende sind es rund 18.000 Notendrucke, die der Verlag noch bis in die späten 1940er publiziert hat. Angefangen als Familie mit Migrationshintergrund… AKTUELLE NOTEN
BERICHTE (nmz & JazzZeitung) Die unendliche Karriere – ein Alptraum „L’ Affaire Makropoulos“ in Lyon Joachim Lange – Richard Brunel inszeniert an der Opera national de Lyon Leoš Janáčeks „L’Affaire Makropoulos“ mit einem beeindruckenden Schlussbild für den Abend einer Diva… Richard Werner Heymann – der Vergessene, den jeder kennt Oliver Hochkeppel – Ein Quartett um die junge Sängerin Fernanda von Sachsen erinnert an Leben und Werk des jüdischen Komponisten Richard Werner Heymann. Mit 64 Jahren stirbt er 1961 viel zu früh. Sein Grab liegt auf dem Münchner Waldfriedhof. Das Vermächtnis von Deutschlands über lange Jahre erfolgreichstem Unterhaltungskomponisten liegt aber immer noch in der Luft, wie der Abend im Lustspielhaus bewies. Ein historischer Grund, warum man dem bei seiner Premiere stürmisch und mit Standing Ovations gefeierten Projekt viele weitere Aufführungen wünscht. Vor allem aber, weil es musikalisch exzellent ist und einfach Spaß macht… MELDUNGEN ETATS
ENGAGEMENTS EREIGNISSE HÖRBAR Irgendwo auf der Welt / Pia Davila Michael Kube – Ein wenig Filmschlager-Melancholie macht sich breit mit „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück“ aus dem Jahre 1933 – ein tiefer Seufzer, der noch heute aktuell wirkt… Michael Kube –Man könnte etwas erschöpft meinen: „… und schon wieder werden verborgene Schätze gehoben“. Zu sehr ist es in Mode gekommen und zur Pflicht geworden, ungedrucktes Repertoire zu entdecken und einzuspielen – oft genug wohl auch mit dem Gedanken, dass der güldene Strahl eines solchen Schatzes auch auf die Interpreten fallen möge. All das hat diese Produktion nicht nötig… nmz-Stellenmarkt (aktuell) Radio-Tipps für das Wochenende Tipp Heute: 19:05 bis 20:00 Uhr +++ BR-KLASSIK
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