Noch mehr Barenboim – Star- oder Starrsinn?
Das Thema um die Arbeitsweise von Daniel Barenboim lässt die Musikwelt weiter nicht kalt. Wie gestern angekündigt, hat BR-Klassik dazu ein kleines Feature zusammengestellt in dem Betroffene zu Wort kommen. Man attestiert der Staatskapelle Berlin, der Daniel Barenboim vorsteht, sie sei ein „gespaltenes Kollektiv“. Bernhard Neuhoff vom BR hat den Vorgang unter dem Titel „Dialog und Starrsinn“ kommentiert und sucht dabei auch Antworten auf die Frage: „Wie weit darf ein Dirigent gehen, wenn er künstlerische Höchstleistungen einfordert?“
Das Kulturradio vom rbb hat dann heute früh den Dirigenten selbst zu Wort kommen lassen. „Ich bin kein Lamm,“ sagt er da unter anderem. Die Autorin des Beitrags Maria Ossowski stellt fest: „Fest steht: Die Kritik an seinem Führungsstil geht an Barenboim nicht spurlos vorüber. Ein Zeichen der Schwäche ist das nicht, ich nehme seine Haltung nicht als Rechtfertigung, sondern als Stärke wahr und als Chance, die Probleme mit dem Orchester zu lösen.“
Die Sache ist komplex. Und eigentlich gar nicht. Auf Twitter meint der Konzertagent und „Klassikkämpfer“ Berthold Seliger: „Grundsätzliches Thema, unabhängig von #Barenboim: wir müssen weg von Hochleistungsklassik, Geniekult & autoritären Dirigentenstrukturen, sie sind der Orchesterkultur in Demokratien unwürdig.“
Theater und Presseexklusion
Anderes Thema. Der „Opernfreund“ soll nicht mehr mit Pressekarten bekommen, zumindest nicht in Wiesbaden. Dort hat angeblich der Intendant des Staatstheaters diese Weisung ausgegeben. Intendant Eric Uwe Laufenberg is not amused und schreibt: „Die Rezensionen von Dirk Schauß sind oft sehr emotional und verletzend, was unserer Meinung von professioneller Berichterstattung nicht entspricht und dieser eher schadet. Wir sehen in der Veröffentlichung seiner Rezensionen im ‚Opernfreund‘ eine Unterstützung seiner Haltung seitens des Herausgebers und möchten uns zukünftig davor schützen, indem wir keine Freikarten mehr ausgeben.“ (vollständiger Text hier)
So geht es eigentlich ja nun nicht! Gleichwohl sind uns ähnliche Fälle durchaus bekannt, nur werden die nicht derartig offensiv in die Öffentlichkeit getragen. Das geht dann unter der Hand. „Kein Platz frei,“ heißt es dann. Eine öffentliche Berichterstattung durch unabhängige Medien wird so natürlich – vorsichtig formuliert – erschwert. Fraglich ist es auch in der Hinsicht, ob einem Intendanten oder einer Intendantin einer auch öffentlich geförderten Kulturinstitution so ein Verhalten zusteht. Ich finde: Nein, das tut es nicht.
Wirres aus Halle
Das Pokern um die Leitung des Theaters Halle geht weiter – wir erwähnten es bereits. Jetzt haben die Kolleginnen vom Mitteldeutschen Rundfunk die Situation weiter untersucht. Stefan Petraschewsky hat unter der Überschrift „Welches Theater passt zu Halle“ ein paar Fakten gesammelt. Der Vorwurf: „Der Wackelkandidat bei den Vertragsverlängerungen ist Opernintendant Florian Lutz. Er würde das (Stamm-)Publikum zu einem beträchtlichen Teil vergraulen, ein zu abgehobenes Theater machen, so lautet der Vorwurf. Beispielsweise in einem Brief des Orchestervorstands: ‚In Aufführungen, die die Grenze zum multimedialen Spektakel überschreiten‘, gerieten die musikalischen Leistungen zur Nebensächlichkeit.“ Doch das scheint nicht zu stimmen, stellt der Autor des mdr fest: „Bei genauerer Betrachtung sprechen die Besucherzahlen eine andere Sprache. Bevor Lutz seinen Posten antrat, hatten nach Auskunft der Geschäftsleitung des Theaters (Quelle: nachtkritik.de) 70.574 Besucher die Oper besucht. 60.289 waren es in der ersten Spielzeit, die Lutz verantwortete, 63.216 in seiner zweiten, und in der aktuellen, die zur Hälfte um ist, sind es bis Anfang Februar knapp 57.709 Besucher gewesen. Ein beträchtlicher Rückgang ist das nicht.“
Heute Abend gibt es in Halle die Premiere von „Ariadne auf Naxos“. Unser Korrespondent wird zeitnah berichten.
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