Sehr geehrte Newsletterabonnentinnen und -abonnenten, seit einiger Zeit macht ein Grafik die Runde, die zeigen soll, wo sich Zürcher und Zürcherinnen in der letzten Zeit mit dem Coronavirus angesteckt haben sollen. Platz 1: Der private, eigene Haushalt; letzter Platz mit 0 (Null) Fällen: Kino, Theater, Konzert. Die launige Interpretation: Im Konzert sei es sicherer als zuhause. David Stingl hat diese Grafik jetzt untersucht und einem Faktencheck unterworfen. Was dabei herauskam, das wird Sie erstaunen. Ehrlich gesagt, eigentlich nicht. Fakten werden eben erst dann zu aussagekräftigen Informationen, wenn man Methoden und Daten kennt, durch die sie entstehen. Das weiß eigentlich jedes Kind, spätestens jede*r jugendliche Mensch. Wissen Sie, ich möchte da hier heute doch ein Mal wieder persönlich werden. Von Juan Allende-Blin gibt es ein Hörspiel aus den 80er Jahren mit dem Titel “Muttersprachlos”. Der Schluss hat sich mir eingeprägt, den habe ich nie bis heute vergessen. “Wer hören will, der hört auch aus der Ferne. Wer nicht hören will, der hört auch aus der Nähe nicht.” Das will ich ergänzen um eine Beobachtung des Soziologen Georg Simmel, die dieser Anfang des 20. Jahrhunderts gemacht hat. Er meinte: „Es ist von einer noch garnicht genug beachteten Bedeutung für die soziale Kultur, daß mit der sich verfeinernden Zivilisation offenbar die eigentlich Wahrnehmungsschärfe aller Sinne sinkt, dagegen ihre Lust- und Unlustbetonung steigt.“ Noch kürzer oder umgekehrt, mit der Erregungssteigerung, wie man sie vor allem aber nicht nur in den sozialen Medien beobachten kann, sinkt die Fähigkeit differenziert etwas wahrzunehmen. Die Sache ist leider reziprok. Und jede*r von uns kennt das, mehr oder weniger: Je aufgeregter man ist, desto weniger Aufmerksamkeit hat man für die Umgebung noch. Aber auch umgekehrt: Je präziser die Wahrnehmung wird, desto weniger Bedeutung haben Lust und Unlust. Genau das hat David Stingl getan. Er hat präzise hingesehen. Genau hinhören heute Abend auf Bayern 2: Im Concerto bavarese gibt es nur Kompositionen von Frauen, von bayerischen Komponistinnen (siehe unten). Unsere Themen im Schnelldurchlauf:
Gewaltige Sinfonien im Taschenformat – Mit Arrangements für kleinere Ensembles reagieren die Verlage auf veränderte KonzertbedingungenSchon in früheren Epochen war es eine gängige Praktik musikalische Werke für das vorhandene Instrumentarium zu bearbeiten, da nicht jeder Hof und jedes Haus stets ein gesamtes Orchester zur Verfügung stehen hatte. Bis zum Ende der Wiener Klassik wurden Bearbeitungen als legitime Möglichkeit zur Verbreitung von Werken angesehen, da die Musik dieser Zeit eher in strukturellen Formen als in Klangdimensionen gedacht wurde. Diese Praktik ist durch die Pandemie bedingt wieder relevanter denn je: Orchester und Ensembles werden durch Mindestabstände und fehlenden Platz eingeschränkt reduziert, gerade Blasinstrumente und Sänger*innen sind von den Richtlinien besonders betroffen. Musikverlage erkennen dieses Defizit und wirken dem entgegen. Weiterlesen Cluster: Normalität als GeschäftDie Corona-Pandemie hat nicht zuletzt, sondern eigentlich sogar zuerst das Kunst- und Kulturleben durcheinandergewirbelt, beziehungsweise seit März zum Erliegen gebracht. Es brach fast über Nacht zusammen, insbesondere der Musikbereich, selbst in dem Sektor, der vollkommen erregerresistent zu sein schien, dem Tonträgermarkt. Was ist da nur los? fragt Martin Hufner. Kubes HörBar in der nmz: Ausgabe 19 – ConcertiVivaldi: Concerti per violino VIII – Le Concert de la Loge / Julien Chauvin. Michael Kubes Fazit: “… Ein musikalisches Fest, zumal Julien Chauvin mit seinem kernigen Ton ebenso fulminant wie in sich ruhend aufspielt. …” Unübersehbar #23 –
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