Newsletter der nmz 70 Jahre

Sehr geehrte Newsletterabonnentinnen und -abonnenten,

das hat geärgert. Anfang des Jahres das das Forum Veranstaltungswirtschaft ein bemerkenswertes Manifest für ein Restart hingelegt. Eine komplexe Matrix aus Bedingungen für das halbwegs sichere Befüllen von Veranstaltungen, eben auch in der Kultur. Es hat der dynamischen Situation unter Pandemiebedingungen Rechnung getragen. Dann tutete es vor wenigen Tagen (15. Oktober) aus dem Presseticker: Man fordere zum 1.12.2021 einen Freedom-Day, der mit der „Aufhebung aller Corona-Eindämmungsmaßnahmen“ zu verbinden sei. Angesichts der aktuellen Lage wirkt die Forderung weltfremd. Auf Nachfrage erklärte man gestern per Mail, man halte an dieser Forderung fest

[Das Forum Veranstaltungswirtschaft ist die Allianz sechs maßgeblicher Verbände des Wirtschaftsbereichs: dem BDKV (Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e.V.), dem EVVC (Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V.), dem FAMA (Fachverband Messen und Ausstellungen e.V.), der ISDV (Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft), dem LIVEKOMM (Verband der Musikspielstätten in Deutschland e.V.) und dem VPLT (Der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e.V.).]

Sie schreiben in ihrer Pressemeldung: „Sie finden sich damit im Einklang nicht nur mit zahlreichen Ländern Europas, sondern auch z.B. mit dem Vorstandsvorsitzenden der einflussreichen kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Andreas Gassen.“ Ob Teil 1 der Aussage so stimmt, sei dahingestellt. Andreas Gassens Meinung dazu hat sich indes tatsächlich nicht geändert. Nur muss man wissen, dass Andreas Gassen als Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung auch nicht mehr ist als der Kassenwart der Selbstverwaltung der Niedergelassenen Ärzte. Ein ärztliches Mandat als Experte hat er sowieso nicht, trotzdem ist er leider, da hat die Pressemeldung recht, einflussreich. 

Die Frage ist, warum verlässt das Forum Veranstaltungswirtschaft seinen früher so aus- und abgewogenen Weg. Wenn man an seinem Vorhaben festhält mit der Argumentation: „In Deutschland ist die Belegung der Krankenstationen moderat, die Inzidenzzahlen sind weitgehend konstant, die Impfquote steigt täglich,“ erzählt man, bis auf den Hinweis auf die Impfquote, schlicht Unsinn. Soll man aber darüber schweigend hinweggehen?

Unsinn erzählen uns unsere Kritiker dagegen nicht. Donaueschingen, München, Frankfurt, Annaberg-Buchholz, Salzburg und Stuttgart sind die Stationen.  


Donaueschingen (1 & 2)

Wackelkontakte im Abendland – Die Donaueschinger Musiktage werfen im hundertsten Jahr mancherlei Fragen auf

Anlässlich des Beethoven-Jahrs 1970 hat Mauricio Kagel mit gleich zwei Forderungen provoziert: Das Beste, was man für Beethoven tun könne, sei, ihn für ein Jahr nicht zu spielen. Und wenn doch, dann so, dass er klänge, wie Beethoven gehört habe: nämlich „schlecht“. Zu Satire gehört die Übertreibung. Dementsprechend naiv wäre es, Kagels Bonmots blank als Rezept für jedweden Umgang mit Jubiläen zu nehmen. Und die seit 1921 bestehenden Donaueschinger Musiktage bleiben ein zentraler Strang zeitgenössischer Kulturgeschichte. Dies zu feiern, ist durchaus begründet. Den Festakt freilich dominierte Sonntags-Reden-Politsprech, auch wenn die Performerin Mara Genschel unüberhörbar flüsternd einige subversive Widerhaken setzte. Weiterlesen

Moritz Eggert: Das Donaueschingen-Dilemma

Aber wisst ihr was? Ich fände es auch toll, wenn es D’eschingen eines Tages in der Form wie wir es kennen, nicht mehr geben würde. Ich fände es hinreißend, wenn wir D’eschingen nicht mehr brauchten, verschrotten könnten. Und wisst ihr warum?

KRITIK

Osterfestspiele Salzburg im Herbst – Neue Farben, anderes Licht

 Österreich tickt anders als Deutschland. Ganz anders. Nicht nur in der Politik, sondern auch in der Kultur. Fortschreitender Pest-Werte zum Trotz wird das kulturelle Leben (noch) hochgehalten und geht es nicht nur um stadtfestige und weihnachtsmärktige Risikofaktoren à la Brot und Spiele, sondern um bestens abgesicherte Veranstaltungen, die – hier freilich im Hochpreisniveau – dem Publikum etwas bieten und den ausübenden Künstlerinnen und Künstlern eine Spielfläche geben sollen. Weiterlesen

Entfesselte Bilderflut: Die „Verurteilung des Lukullus“ von Paul Dessau und Bertolt Brecht in Stuttgart

An ihrem Titel sollt ihr sie erkennen – so könnte man ein bekanntes Bibelzitat auf diese Oper übertragen. Was Paul Dessau (1894-1979) und Bertolt Brecht (1898 – 1956) als „Verhör des Lukullus“ am 17. März 1951 in Ostberlin vor einem politisch handverlesenen Publikum als geschlossene Premiere vorstellten, sollte nach dem Willen von Funktionären der Staatspartei eigentlich ein Eklat werden, um einen offiziellen Grund zu haben, das Stück nicht herauszubringen. Mit einer dialektischen Pointe, die von Brecht erfunden sein könnte, wurde die Aufführung aber zum Erfolg. Weiterlesen

​„Naja“-Amüsement – Die Oper Frankfurt mit Carl Nielsens „Maskerade“

Nicht-ich-selber-Sein“, sich zumindest äußerlich in eine*n andere*n zu verwandeln – das durchzieht die Menschheitsgeschichte. Wenn dadurch ein soziales Höher und Tiefer, ein Überwinden gesellschaftlicher Konventionen, Standesgrenzen und gar von Gesetzen möglich wird, dann kann es Revolution geben – oder eben Komödie. Die formte 1724 Ludvig Holberg in einem dänischen Schauspielerfolg. An den wollte 1906 Carl Nielsen mit seiner komischen Oper in Kopenhagen anknüpfen. Weiterlesen

Spiel, Tanz, Nachdenklichkeit: Benatzkys „Der reichste Mann der Welt“ in Annaberg-Buchholz

Mit der Entdeckung der Oper „Leonce und Lena“ von Erich Zeisl und jetzt der deutschen Erstaufführung von Ralph Benatzkys Operette „Der reichste Mann der Welt“ beginnt Moritz Gogg seine Intendanz am Eduard-von-Winterstein-Theater Annaberg-Buchholz mit spannenden Musiktheater-Akzenten. Diese Entdeckungen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzen die Raritäten-Initiativen seines Amtsvorgängers Ingolf Huhn mit neuen Schwerpunkten fort. Die letzte erzgebirgische Subventionstheater-Bastion vor der tschechischen Grenze bleibt also auch für reisende Opern- und Operetten-Anhänger äußerst attraktiv. Weiterlesen

Die Tuba kommt aus der Seitentür: Das BR-Symphonieorchester debütiert in der Münchner Isarphilharmonie

Nachdem die Münchner Philharmoniker in ihrem Interim schon heimisch geworden sind, debütierte nun auch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der Isarphilharmonie. Jakub Hrusa und Isabelle Faust testeten die Akustik erfolgreich mit Kabeláč, Britten und Schostakowitsch. Weiterlesen


Huflaikhans HÖRBAR – JAZZ & NEUES


NACHRICHTEN

PERSONALIA


nmz 2021/11 - online

Die aktuelle nmz ist in großen Teilen jetzt auch online. (Zum Inhaltsverzeichnis)

Mutiger Macher und bekennender Europäer
Zum Tode des Komponisten, Dirigenten und Intendanten Udo Zimmermann


Was gibts im Radio?

Die Radiowoche vom 01.11.21–06.11.2021: Die Übersicht zum Download als PDF

19:05 Uhr | DLF-kultur
Zeitfragen: Traue Deinen Ohren nicht – Deepfakes und Demokratie

Von Julius Stucke. (Wdh. v. 03.12.2020). Das habe ich nie gesagt! Oder doch? Technisch lassen sich Stimmen täuschend echt nachahmen. Können wir dem Gesagten überhaupt noch trauen? Video- oder Tonaufnahmen haben es ermöglicht, Dinge zu dokumentieren. Festzuhalten, was jemand macht oder sagt. Schon von Anfang an konnte man bewusst inszenieren, auswählen und so verzerren. Oder Dinge technisch schneiden und verfälschen. Aber durch maschinelles Lernen und technologischen Fortschritt wird es immer einfacher möglich, Menschen Dinge sagen und tun zu lassen, die nicht echt sind: Deepfakes verändern unseren Blick auf die Wahrheit: Verlieren wir unser Vertrauen? Ist es gefährlich für demokratische Gesellschaften? Und: Ist das Problem der Fake oder die Möglichkeit, alles als Fake abzutun? 


NACHGEDACHT

Wann die aufgezog'nen Düfte
Aus der Wolcken regem Zelt,
Durch die ausgespannten Lüfte,
Wieder sincken auf die Welt;
Machen die verdickten Dünste
Tausend kleine Wasser-Künste,
Deren Rauschen, Spiel und Schertz
Rührt durchs Aug' und Ohr das Hertz.

[Brockes: Irdisches Vergnügen in Gott. Deutsche Lyrik von Luther bis Rilke, S. 12004 (vgl. Brockes-Ausz., S. 438)]

Martin Hufner

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