Newsletter der nmz - Martin Hufner

 

Moin, sehr geehrte Abonnent:innen des nmz-Newsletters,

In der Februar-Ausgabe der nmz wünscht sich Rainer Nonnenmann in seinem Nachschlag, dass man etwas mehr und besser einander zuhört. Viktor Rotthaler hat sich die DECCA-Box zum 100. von Bert Kaempfert angehört. Lesen Sie das!

In Sachen Radio: Dass aus rbbKultur (Slogan: Deine Ohren werden Augen machen – Dein Hirn wird abrauchen …) nun rbb dreizweieinsweg wird, stößt manchem übel auf. Arno Lücker geht darauf ein in einem Offenen Brief an Dorothee Hackenberg, der Leiterin der beiden Radioprogramme rbbKultur und radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg ein und macht dabei einen höchst interessanten und vollkommen logischen Vorschlag. „Wir fordern also: Sofia Gubaidulina, Gustav Mahler, Clara Schumann, Johannes Brahms und Co.: von 6 bis 10 Uhr bei radioeins! Ab dem 2. April 2024. Die Hörerinnen und Hörer von radio3 – bislang noch: rbbKultur – hören radioeins-Musik, die Hörerinnen und Hörer von radioeins hören Klassik! Fair enough, nicht?“

Ein kurzer Blick zurück: Das Kulturradio ist im Jahr 2003 aus Radio Kultur (ehemals vom SFB) und Radio 3 (ehemals vom ORB hervorgegangen; beteiligt waren bis 1999 der SFB und bis 2001 der NDR). Die Fusion von ORB und SFB zum RBB führte zu der Reduzierung auf ein Kulturprogramm für die Region Berlin-Brandenburg. Bis 2019 hatte es den Namen Kulturradio, danach bis zum 1. April dann rbbKultur. Während umgekehrt aus mdr Kultur zwischen 2004-2016 in mdr Figaro umbenannt wurde und dann schließlich retour, geht man beim rbb in flotter Folge den umgekehrten Weg. Beziehungsweise macht man halt irgendwas. Dann auch wieder nicht, beziehungsweise anders anders. Oder umgekehrt. Für irgendwas muss das astronomisch hohe Gehalt einer Intendantin ja legitmiert werden. Oder auch nicht. 

Wenn man dann im ABC der ARD von 2013 noch unter dem Begriff „Kulturradio“ lesen konnte: Sie seien „wesentlicher Bestandteil des Radio-Portfolios der ARD. Die ARD-Kulturradios sind in dieser reinen Form konkurrenzlos und werden beinahe ausschließlich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk in jedem Sendegebiet angeboten.“ 

Aber andersherum gefragt: Was soll man denn machen? „Zum reichhaltigen kulturellen Angebot gehören Hörspiele, Features, Kulturberichterstattung, Bildungsprogramme, Gespräche, Reportagen, Essays, Kritiken und Tipps sowie klassische Musik unterschiedlichster Art, von Alter bis zu Neuer, von Geistlicher bis zu Kammermusik, von Sinfonie, Oper und Operette bis hin zum Jazz. In den letzten Jahren öffneten sich die Kulturradios immer mehr für avancierte Formen der Klangkunst von Crossover bis hin zu Neuer Musik und auch für Welt- und anspruchsvolle Popmusik. Dazu kommen regelmäßige Nachrichtensendungen.“ (ABC der ARD von 2013). Willste aus dem Kulturradio ein Klassikradio machen – willste informieren am morgen, dann hauste ein bisschen klassische Musik von Komponistinnen dazwischen und dann heißt es, damit machste die klein und zum Nebenklang. Ditte is ooch Mist, wa? I prefer Jazz! Mit Sun Ra kannste jeden Tag starten.

Das beiseite, ist längst aber eine forcierte Kompression der Kulturradio über die Regionen hinaus im Plan des Jahres festgezurrt. Den Ablauf hat Kai Gniffke im Dezember skizziert. Stück für Stück werden da die Programme zusammengelegt. Genau das aber ist der komplett falsche Weg, wie schon 2003 die Fusion von SFB und ORB gezeigt hat. Die nächsten Komplettradierungen sind zwar noch nicht beschlossen, kommen aber so sicher wie das Amen in der Kirche: Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk dürften von der Landkarte verschwinden. Fehlt nur ein Name dafür (Spoileralarm: kommt gleich). 2013 wartete man noch mit dieser List(e) auf:

Zu den Kulturradios der Landesrundfunkanstalten gehören Bayern 2, hr2-kultur, MDR FIGARO, NDR Kultur, Nordwestradio (NDR/Radio Bremen), Kulturradio (RBB), SR2 Kulturradio, SWR2 und WDR 3. Bundesweites Kulturradio bietet seit 1994 Deutschlandradio Kultur.“ Das ist ein Kuddelmuddel an Leerzeichen und und Zahlen und Bindestrichen damals und heute ist es nicht besser. Ausnahmsweise ist hier Vielfalt Einfalltslosigkeit.

Und nein, ich werde nicht ChatGPT2/3/4 fragen, ob es da einen „kreativen und innovativen“ Vorschlag machen könne.

… 

… 

Nagut, doch:

Kannst Du mir einen Vorschlag zur Vereinheitlichung der Stationsnamen der deutschen Kulturradios der ARD machen?

ChatGPT: Natürlich, hier sind einige Vorschläge zur Vereinheitlichung der Stationsnamen für die deutschen Kulturradios der ARD:

  1. "ARD Kulturwelle" - Dieser Name betont die kulturelle Ausrichtung der Sender und verbindet sie unter einem einheitlichen Dach.

  2. "KulturKlang ARD" - Dieser Name verleiht den Sendern eine klangvolle Identität, die ihre kulturelle Bedeutung hervorhebt.

  3. "KulturEcho ARD" - Dieser Name unterstreicht die Idee, dass die Sender ein Echo der kulturellen Vielfalt in Deutschland und darüber hinaus sind.

  4. "KulturFunk ARD" - Dieser Name betont die audiovisuelle Natur der Sender und ihre Rolle als Überträger von kulturellen Inhalten.

  5. "ARD KulturNetz" - Dieser Name bringt die Idee eines vernetzten Systems von Kulturradios innerhalb der ARD zum Ausdruck.

Diese Vorschläge sollen die kulturelle Mission der Sender betonen und gleichzeitig eine kohärente und einheitliche Markenidentität für die ARD-Kulturradios schaffen.

Zitat Ende

Schon dieses überhebliche „Natürlich“ am Anfang der Antwort bringt mich auf die Palme. Bin schon still. Moment. Weil es so gut klappt:

An welcher Stelle könnte man bei den Kulturradios der ARD am besten finanziell sparen?

ChatGPT: Es ist wichtig zu beachten, dass Kulturradios einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Vielfalt und Bildung leisten. Dennoch gibt es möglicherweise Bereiche, in denen finanzielle Einsparungen möglich sind, ohne die Qualität des Angebots stark zu beeinträchtigen. Hier sind einige mögliche Ansatzpunkte:

  1. Verwaltungskosten optimieren: Eine Überprüfung der Verwaltungskosten und eine Optimierung der Prozesse können helfen, unnötige Ausgaben zu reduzieren, ohne die Qualität der Programme zu beeinträchtigen.

  2. Effizienzsteigerung in der Programmgestaltung: Durch die Optimierung von Produktionsabläufen und die effiziente Nutzung von Ressourcen können Kosten gesenkt werden, ohne dass die Vielfalt und Qualität der Programme darunter leiden.

  3. Kooperationen und Partnerschaften: Durch die Zusammenarbeit mit anderen Sendern oder Organisationen können Ressourcen geteilt und Kosten gesenkt werden, z. B. bei der Produktion von Inhalten oder der Nutzung von Sendeanlagen.

  4. Technologische Optimierung: Investitionen in effizientere Technologien und Produktionsmittel können langfristig Kosten senken, indem sie den Energieverbrauch reduzieren oder die Produktionsprozesse optimieren.

  5. Überprüfung von Auslandsberichterstattung und Reisekosten: Eine Überprüfung der Ausgaben für Auslandsberichterstattung und Reisen könnte Einsparungen ermöglichen, ohne die Berichterstattung über wichtige kulturelle Ereignisse und Themen zu vernachlässigen.

Es ist jedoch wichtig, sicherzustellen, dass Einsparungen nicht auf Kosten der Qualität oder Vielfalt der Programme gehen, da Kulturradios eine wichtige Rolle bei der Förderung kultureller Bildung und Vielfalt spielen.

Zitat Ende.

Das Ausland für die Kulturradios, das muss man wissen, beginnt bereits immer hinter der Tür der Intendant:innen. Wobei ich offen lasse, ob man diese Tür von Innen oder Außen betrachtet.

Wo genau ist jetzt der Unterschied zu den Vorschlägen, die kostenintensiv von den Verantwortlichen der ARD gemacht worden sind? Hmmmm?  

Schlimm genug, weil ich seit Monaten ein KI-Fasten gemacht hatte und nun, in der Fastenzeit, mache ich das hier? 

Es grüßt Sie und winkt verzweifelt aus dem Erdloch einer Erdkröte (Bufo bufo),
Ihr Martin Hufner




nmz 2024/02


Verlust des Zuhörens – eine Erklärung für die Krise der Demokratie - Nachschlag von Rainer Nonnenmann

Optimisten hoffen, das neue Jahr werde besser. Pessimisten befürchten, das alte war das beste, weil nun alles noch schlimmer komme: mehr Kriege, Konflikte, Katastrophen, Krisen. Das Ausmaß der Probleme ist fürwahr besorgniserregend. Zudem erodieren Grundvoraussetzungen der Demokratie, weil Streitfragen über Klima, Energie, Verkehr, Migration, Gendern, Steuern, Innen- und Außenpolitik immer weniger sachlich diskutiert werden. Eine Ursache dafür beschreibt Byung-Chul Han in seinem Buch „Infokratie – Digitalisierung und die Krise der Demokratie“ (Berlin: Matthes & Seitz 2021). Der koreanisch-deutsche Philosoph und Kulturwissenschaftler lehrte bis 2017 an der Universität der Künste Berlin. In seinem Essay diagnostiziert er ein Schwinden der diskursiven Öffentlichkeit angesichts von Informationsflut, Bubbles und Fake. Obwohl er bekannte Positionen aufgreift und zu unscharf zwischen digitalen Medien und deren rechtlich und moralisch zu bewertendem Gebrauch unterscheidet, liefert er dennoch eine ebenso aktuelle wie plausible Erklärung für die unversöhnlichen Polarisierungen, die in vielen Demokratien um sich greifen: USA, Ungarn, Polen, Türkei, Frankreich, Italien und hierzulande.

Der Mann, den sie Fips nannten - Zum 100. von Bert Kaempfert wurde „The Decca Collection“ veröffentlicht

Er war der erfolgreichste deutsche Orchesterleiter in den amerikanischen Charts: Bert Kaempfert. Und er war der erste Produzent der Beatles. Fast jeder, der noch nie seinen Namen gehört hat, kann seinen berühmtesten Schlager mitsingen: „Strangers in the Night“. Verspätet zu seinem 100. Geburtstag am 16. Oktober 2023 erschien nun bei Polydor/Universal eine CD-Box, auf die seine Fans schon lange gewartet haben: „The Bert Kaempfert Decca Collection“. 24 Alben aus seiner „Decca“-Zeit in den 1960er-Jahren wurden hier zu einem Paket gebündelt, das man als musikalisches Zeitdokument betrachten kann.


BERICHTE / KOMMENTARE


Michael Kubes HörBar Nr. 110: Neue Streichquartette

Michael Kube hat in der letzten Woche Neue Streichquartette in der HörBar der nmz unter die Lupe genommen. Es spielen das Helikon Quartet, das Arditti Quartet, das Albis Quartett, das Klangforum Wien und das Engegård Quartet Werke von Marten Ter Horst, Stefano Scodanibbio, Klaus Fischer-Dieskau, Javier Quislant und Johan Kvandal.

Trauma, Tod, Gedächtnisfallen: Mozarts „Idomeneo“ im Kölner Staatenhaus

Roland H. Dippel – Neben Neuproduktionen reihen sich in dieser Spielzeit Produktionen von Mozarts aufregender Opera seria „Idomeneo, Re di Creta“ (München 1781) zum Beispiel in Nancy, Liège, Genf. Die Kölner Neuinszenierung von Floris Visser setzt szenische Exaltationen in ein mediterranes Krisengebiet zwischen Orient und Okzident, …

Wachgeküsst? – Humperdincks „Dornröschen“ in Hildesheim

Johannes Mundry – Lohnt es, die anderen Märchenopern Engelbert Humperdincks aus dem Schatten von „Hänsel und Gretel“ zu holen? Das Theater für Niedersachsen in Hildesheim hat mit „Dornröschen“ einen Versuch gewagt. …

Klingendes Psychogramm – Leoš Janáčeks „Katja Kabanowa“ am Theater Bielefeld

Christoph Schulte im Walde – Der Text im Programmheft führt den Begriff der „ecclesiogenen Neurose“ aus der Psychiatrie der 1960er Jahre auf, der eine religiös bedingte psychische Störung bezeichnet. Eine Diagnose, die auf Katja Kabanowa zutrifft?  … 

Aus dem BAd Blog Of Musick


MELDUNGEN


TOP-MELDUNGEN

Christiane Florin übernimmt Leitung der neuen standort­übergreifenden Kulturabteilung des Deutschlandradios

PM - Deutschlandradio – Die mehrfach ausgezeichnete Journalistin Christiane Florin verantwortet ab 15. Februar 2024 die aktuelle Kulturberichterstattung der Deutschlandradio-Programme. Als Leiterin der neuen Abteilung Kultur aktuell koordiniert Florin künftig die inhaltliche und strategische Neuausrichtung in diesem Bereich. …

Was bisher geschah“ - Dieter „Maschine“ Birr mit und ohne die Puhdys

dpa, Sophia-Caroline Kosel – Er war 47 Jahre lang die Stimme der Puhdys - und Komponist der Songs der erfolgreichen Rockgruppe. In seiner neuen Autobiografie blickt Dieter Birr auch auf das für ihn unschöne Ende der Band zurück. Berlin - «Er arbeitet und arbeitet, und die Hits sprudeln nur so aus ihm raus. Wenn andere gerade mal am nächsten Album arbeiten, dann hat er schon … 

Neue Kapellmeisterin für die Oper Leipzig

PM - Oper Leipzig – Yura Yang wechselt aus Karlsruhe in die Musikstadt Leipzig: Die Dirigentin wird ab der nächsten Saison als neue Erste Kapellmeisterin der Oper Leipzig starten. Derzeit ist sie am Staatstheater Karlsruhe als Erste Koordinierte Kapellmeisterin engagiert. …


nmz-Stellenmarkt (aktuell)



Aus der JazzZeitung


Ein besonderes Abenteuer: Lupo und der Jazz

Die etwas Älteren unter uns erinnern sich sicherlich noch an Rolf Kaukas Abenteuerhefte mit Fix & Foxi, Lupo & Co. Im Jahr 1964 erschien seinerzeit ein Lupo Sonderheft, in dem sich der Zeichner Florian Julino einem ganz besonderen Thema widmete: „Lupo und der Jazz“. Nachdem er Lupo bereits erfolgreich in Szene gesetzt hatte, kam ihm die Idee, diese Figur, bzw. seinen Onkel, für eine Jazzstory zu …

Die erweiterte Jazz-Radiowoche vom 19.02.2024 bis 25.02.2024

by Martin Hufner –Ein kleiner Blick in die Radiowoche 08. Die Übersicht zum Download als PDF. Ergänzt mit den tollen Sendungen zur Neuen Musik von BR-KLASSIK und Ö1.


 

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