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Das hat mich gestern geärgert und einen ganzen Tag bis heute genervt. Auf rbb24.de tauchte plötzlich die Schlagzeile auf:

Charité hält Opern und Klassikkonzerte vor vollen Sälen für machbar

Oper live oder klassische Konzerte vor ausverkauftem Haus - in Corona-Zeiten ist das seit einigen Monaten eigentlich undenkbar. Doch durch eine neue Studie von Charité-Experten könnte sich das jetzt ändern. Von M... O...

Später etwas abgemildert: 

Charité-Institute empfehlen Klassikkonzerte und Opern in vollen Sälen”
rbb Exklusiv: Experten der Charité in
#Berlin empfehlen in einer überarbeiteten Studie, jeden Platz in Opern und Klassikkonzerten zu besetzen. Voraussetzung ist, dass alle Besucherinnen und Besucher im vollen Haus einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Das klang doch toll. Charité, war das nicht die Klinik und das Forschungszentrum an dem der wichtigste deutsche Coronavirus-Forscher arbeitet. Und jetzt kommt aus dem Haus eine Empfehlung, die Konzertsäle wieder voll zu machen? Und das hatte der rbb (Radio Berlin Brandenburg) auch noch exklusiv! Da mussten die Alarmglocken hochgehen. Zumal bei der Autorin, die den Text dazu verfasst hat. Forschung exklusiv. Online-Redaktion der nmz empfiehlt … Es hat immerhin ein paar Stunden gedauert, bis sich die Charité von den “Stellungnahmen” einiger ihrer Mitarbeiter distanziert hat. Und bis der rbb seine Meldung korrigierte.

Da war zwischenzeitlich die Hoffnung groß, dass man wieder wie früher eng an eng sitzen kann, nein, das sogar empfohlen wurde. Egal, könnte man sagen, es wurde ja aufgeklärt. Aber es ist ein Beispiel für das Problem, wie man Wunsch und Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen versuchen möchte. Dafür kann man aber den Kommentar benutzen, eine Debattenbeitrag, aber prominent aus exklusivem Material berichten?

Ich gebe zu, auch wir haben hier viele Hausaufgaben zu machen, wenn Sie die News lesen, die von unserem Nachrichtendienst dpa mit etwas reißerischem Tonfall in der Schlagzeile stammen. So musste ich gerade aus “Papier der Berliner Charité: Oper und Konzert unter Bedingungen in vollen Häusern möglich” ein “Papier aus der Berliner Charité: Oper und Konzert unter Bedingungen in vollen Häusern möglich” machen.

Und, wie ich jetzt sehe, die Stellungnahme (Wortlaut als pdf und nicht mehr exklusiv) ist unterzeichnet zugleich neben Mitarbeitern der beiden Institute der Charité von den “Orchestervorstände[n] und Intendanzen der folgenden Berliner Orchester (in alphabetischer Auflistung)” - es folgt die Liste.

Da hat es jemand wohl “gut gemeint”. Man kann nur hoffen, dass der daraus folgende Schaden geringer ist als die Erregung der Erfüllung eines Wunsches.

Unsere Themen:

  • Menschheitsdämmerung mit Atompilz und Atemmaske: Siegfried Wagners „Sonnenflammen“ in Bayreuth

  • Unübersehbar #15 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 7.8. bis zum 20.8.2020

  • Studie analysiert Verzicht auf Kultur

  • Oper und Konzert unter Bedingungen in vollen Häusern möglich

  • Stellungnahmen der Charité Berlin verdeutlichen den Bedarf an validen Forschungserkenntnissen

  • Nachrichten


Menschheitsdämmerung mit Atompilz und Atemmaske: Siegfried Wagners „Sonnenflammen“ in Bayreuth

Ohne Festspiele bietet die Bayreuther Innenstadt in diesem Sommer ein ungewohnt tiefenentspanntes Bild, bis Max Emanuel Cencic Anfang September im Markgräflichen Opernhaus erstmals das neue Barockfestival eröffnen wird. Die zum Äußersten entschlossene Anhängerschaft Siegfried Wagners leistete erbitterten Widerstand gegen die wegen Corona abgesagten Vorstellungen. Zwar musste auch das pianopianissimo-musiktheater schweren Herzens auf „Rainulf und Adelasia“ verzichten, realisierte allerdings mit tollkühnem Mut das Musikdrama „Sonnenflammen“, Siegfried Wagners Opus 8: Ohne ‚echtes‘ Orchester, dafür mit Video-Orgie rauschte das byzantinische Imperium in seinen farbenfrohen Untergang. Weiterlesen

Kein Geld, fehlende Freizeit - Studie analysiert Verzicht auf Kultur

Berlin - Die Zufriedenheit mit dem kulturellen Leben in Berlin ist extrem hoch. Soweit eine neue Studie. Doch warum verzichten Menschen dennoch auf den Besuch von Konzerten, Theatern, Kinos oder Ausstellungen? Weiterlesen

Unübersehbar #15 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 7.8. bis zum 20.8.2020

Urlaubsbedingt wechseln wir mit unseren Stream-Hinweisen vorübergehend in einen zweiwöchigen Rhythmus. Genügend Zeit, das nun ausgeweitete Bayreuther Wagner-Programm, Berliner Jazz- und Radiokunst, Mainzer Beethoven-Reflexionen, Salzburger Mozarteum-Produktionen und das öffentlich-rechtliche Wim-Wenders-Füllhorn zu goutieren. Wohl bekomm‘s! Weiterlesen

Papier aus der Berliner Charité: Oper und Konzert unter Bedingungen in vollen Häusern möglich

Berlin - Könnten «Traviata» und Beethovens Neunte bald normal vor vollen Sälen wieder gespielt werden? Ein Berliner Papier aus der Charité gibt der klassischen Musik etwas Grund zur Hoffnung. Doch aus dem eigenen Haus folgt prompt Ablehnung. Weiterlesen

Deutscher Musikrat: Stellungnahmen der Charité Berlin verdeutlichen den Bedarf an validen Forschungserkenntnissen

Am heutigen Montag veröffentlichte das Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité Berlin die Aktualisierung zweier früherer Stellungnahmen zum Spielbetrieb von Orchestern und zum Publikumsbetrieb. Darin wird u.a. ausgeführt, dass die Vollauslastung von Konzert- und Opernhäusern denkbar erscheine, falls das Publikum Mundschutz trage und andere Hygiene-Bestimmungen einhalte. Weiterlesen


Nachrichten


nmz 2020/07-08 - online

Die aktuelle nmz ist in großen Teilen jetzt auch online. (Zum Inhaltsverzeichnis)

Allein oder zusammen unterrichten?
Teamteaching an Musikhochschulen – Perspektiven und Potenziale

Diesen und weitere Artikel sind frei zugänglich in unserer Online-Ausgabe nachzulesen.


Radio-Tipp

22:05 bis 23:00 | BR-KLASSIK
Horizonte: Studio für Musik

Pierre Schaeffer: „Etude aux chemins de fer“; „Etude aux sons animés“ (Pierre Schaeffer, elektronische Realisation); Pierre Henry: „Symphonie pour un homme seul“; „Le microphone bien tempéré“ (Groupe de Recherches Musicales Paris); Pierre Henry/Michel Colombier: „Messe pour le temps présent“ (Pierre Henry, elektronische Realisation); Jacques Lejeune: „Trois apercus d’un jardin qui s’éveille“ (Groupe de Recherches Musicales Paris)

Die Radiowoche bis zum 23.8.2020


Ich wünsche Ihnen einen tollen Dienstag.

Martin Hufner

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