Sehr geehrte Newsletterabonnentinnen und -abonnenten,

Wir können wenig dafür, wenn unser Newsletter am Montag immer fast aus den Nähten platzt. Naturgemäß ist es ein Montag nach einem Premieren-Wochenende. Heute noch ergänzt durch zwei bemerkenswerte premierenfreie Texte. Bernhard König hat sich in der aktuellen nmz mit dem Thema Musik und Klimawandel auseinandergesetzt. Online bringen wir die vollständige Version des Autors Bernhard König, die noch umfangreicher als in der Printausgabe das Thema behandelt.

Regine Müller bringt eine Reportage vom Molyvos International Music Festival auf Lesbos und geht dabei auf die kommunikativen Aspekte einer solchen Veranstaltung auf einer Insel ein, die zurzeit wieder große Flüchtlingsströme zu bewältigen hat.

Joachim Lange hat in Darmstadt eine “Turandot”, inszeniert von Regisseur Valentin Schwarz gesehen. Schwarz wird demnächst in Bayreuth den Ring neu aufsetzen. Bei Puccini scheint er schon mal ziemlich richtig zu liegen. Das und mehr, jetzt hier.

Monteverdi und der KlimawandelWie die Musik auf eine globale Herausforderung reagieren könnte · Von Bernhard König

Ich bin die Musik, die mit süßen Klängen jedes erregte Herz zu besänftigen weiß und – bald zu edlem Zorn, bald zur Liebe – die eisigsten Gemüter entflammen kann“. Es ist La Musica selbst, die mit diesen Worten eine Oper eröffnet, die in meinen Ohren zum Schönsten zählt, was die Menschheit hervorgebracht hat. Wir können den „Orfeo“ von Claudio Monteverdi hören, wann immer wir wollen – ein kleines Wunder. 400 Jahren hat diese Musik überdauert; fast die Hälfte davon schlummerte sie völlig unbeachtet, ungespielt und ungehört in Bibliotheken und Archiven. Heute ist sie in dutzenden Interpretationen abrufbar: so frisch und lebendig, als wäre sie eben erst entstanden, und zugleich so fremd und fern wie die Vergangenheit, aus der sie stammt. Wird man diese 400 Jahre alte Musik auch in 40 Jahren noch hören, genießen und verstehen? Wir alle – Musikerinnen und Musiker, Vermittlerinnen und Veranstalter – tun viel dafür, dass dies so sei. Viel Geld, Anstrengung und Kreativität haben wir in das Ziel investiert, den Nachwuchs an die großen Schätze der Musikgeschichte heranzuführen. Ein Essay von Bernhard König.

Kammermusik unter Freunden: Das Molyvos International Music Festival

Am äußersten Rand von Europa, auf der griechischen Insel Lesbos kurz vor der türkischen Küste, hat im August bereits zum fünften Mal das Molyvos International Music Festival stattgefunden. Zur gleichen Zeit ist die Insel Lesbos aus ganz anderen Gründen wieder in den Schlagzeilen, denn die Zahl der Flüchtlinge, die von der nahen Türkei übers Meer nach Lesbos kommen, hat sich wieder dramatisch erhöht und nähert sich den Zahlen von 2015 – dem vorläufigen Höhepunkt der Flüchtlingskrise. Regine Müller mit einer Reportage vom Rand der Zivilisation.

Wahn! Wahn! Überall Wahn! – Giacomo Puccinis „Turandot“ in Darmstadt

Euch macht Ihr's leicht, mir macht Ihr's schwer“ – das könnte sich Valentin Schwarz zu seiner ersten Premiere im vollen Rampenlicht in Darmstadt sagen…. Aber nicht Wagner steht auf dem Programm, sondern Puccini. Joachim Lange mit einem Lagebericht zu Theater und Premiere.

Beine hoch! – Ein Tanzstück für Jubilar Jacques Offenbach in Köln

Das Unwichtigste, weil am meisten Abgedroschene, wird an diesem Abend in der Kölner Orangerie gleich zu Anfang erledigt, eher pflichtschuldig statt mit zündendem Elan: Ein Tänzer singt mehr schlecht als recht Jacques Offenbachs Gassenhauer „Can Can“ auf die rhythmisch repetierten Silben „Babababibababaaa…“. Rainer Nonnenmann berichtet.

Tangomanie im Norden – Lübeck spielt Astor Piazzollas „María de Buenos Aires“

Weltläufig gibt sich das Theater Lübeck mit seinen neun Opernproduktionen in der neuen Saison. Nur einmal liegt das Ziel in Europa, in Venedig natürlich. Meist will man in die Ferne, nach Afrika oder Asien, dreimal sogar auf den südamerikanischen Kontinent. Den Anfang machte (Premiere: 25. August 2019) dort Argentinien, wo Astor Piazzollas „María de Buenos Aires“ zuhause ist. Ihr musikalisches Idiom ist durch den Tango geprägt, weshalb Piazzolla selbst sein Werk eine „Tango-Operita“ nannte. Idee und Libretto dafür lieferte ihm der im benachbarten Uruguay geborene Lyriker Horacio Ferrer. Arndt Voß berichtet.

HörBar der nmz

Swiss Jazz Orchestra: Swiss Jazz Orchestra & Guillermo Klein (2019). 13 Tracks mit wunderbar ausbalancierten Arrangements. Nicht knallig, sondern subtil gestrickte Stücke.  

Was sonst noch wichtig war oder wird …

Radio-Tipp

23:30 bis 00:00 | ARD-Radio-Festival
Phantasien eines Schlagzeugers – Vom Sideman zum Bandleader – Das Paul Motian Quintet im Dezember 1981 im Bremer Übersee-Museum.

Der Schritt zum Bandleader kam relativ spät. Einen guten Namen hatte sich Paul Motian zunächst als Sideman gemacht. Dabei stach ein längeres Engagement heraus. In den späten fünfziger Jahren war der Schlagzeuger, der in New York lebte, Mitglied des Trios von Bill Evans geworden. Speziell die Besetzung mit Bassist Scott LaFaro schrieb Jazzgeschichte. Auf Pianisten schien sich Motian besonders gerne einzulassen. So spielte er mit Paul Bley und wurde Stammschlagzeuger der frühen Gruppen von Keith Jarrett. Das deutsche Label ECM, bereits mit Bley und Jarrett verbunden, ermöglichte ihm 1972 erste eigene Aufnahmesessions. „Conception Vessel“, veröffentlicht 1973, wurde zum Startpunkt von Motians Karriere als Bandleader. In deren Verlauf profilierte sich der Drummer mit den armenischen Wurzeln, der in früher Jugend mal Gitarre gelernt hatte, mehr und mehr als außerordentlicher Komponist. So eigenwillig sein aufs Wesentliche konzentriertes Schlagzeugspiel, so phantasievoll seine Stücke. Manche offenbarten eine besondere lyrische Qualität, andere öffneten kompromisslos Räume für freie Interaktionen. Der Kern der Quintett-Besetzung, mit der Motian 1981 in Europa unterwegs war, bestand aus Gitarrist Bill Frisell und Saxophonist Joe Lovano – mit ihnen bildete er alsbald ein festes Trio. Zweiter Saxophonist war Billy Drewes, Bass spielte Ed Schuller. Aufnahmen vom 7. Dezember 1981 aus dem Übersee-Museum in Bremen.

Die Radiowoche bis zum 8.9.2019

 


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