11:04 bis 11:30 | SR2 KulturRadio
FeatureZeit: Die Schöpfung heilen – von der „Nachhaltigkeit“ zur „Regeneration“
12:30 Uhr | Deutschlandfunk Kultur
Die Reportage: Kurs aufs eigene Leben – Wie junge Autisten ihren Weg finden
Von Anna Goretzki. Fünf junge Menschen mit Autismus auf einem sommerlichen Segeltörn in der dänischen Südsee. Was viele von ihnen brauchen sind Rückzugsmöglichkeiten und einen strukturierten Tagesablauf. Auf dem Schiff „Intention“ aber ist jeder Tag anders, ständiges soziales Miteinander wegen der Enge an Bord ein Muss. Für Sebastian, Charlotte und alle anderen an Bord ist der Segeltörn das Highlight, zugleich aber auch die Herausforderung des Jahres. Denn auf engem Raum im Schiff geht ohne Kommunikation und soziales Miteinander nichts. Gleichzeitig kann man sich auf diesem Segeltörn „fallen lassen“, sagt Sebastian. Das ist in ihrem Alltag oft nicht so – dort kämpfen Autisten oft um Anerkennung und Akzeptanz.
14:05 bis 15:00 | Deutschlandfunk
Spielball Erde (3/7) – Vor, während oder nach der Apokalypse? Wo stehen wir heute?
Von Barbara Eisenmann. Mit Boris Burgstaller, Achim Hall, Gabriele Hintermaier, Matthias Leja, Marietta Meguid, Paula Skorupa. Regie: Barbara Eisenmann. Produktion: SWR/Deutschlandfunk 2019
„Ihr sprecht nur davon, mit denselben schlechten Ideen weiter zu machen, die uns in dieses Chaos gebracht haben. Die einzig vernünftige Sache ist es, die Notbremse zu ziehen.“ An Greta Thunbergs nüchterner Feststellung arbeiten sich eine Philosophin, ein IT-Experte und ein Wissenschaftshistoriker ab. Während die Moderne noch eine Zukunft für alle entwarf und die Postmoderne eine endlose Gegenwart für jeden Einzelnen zelebrierte, haben wir es heute mit einer neuen dominierenden einzigen Zeit zu tun: der unserer eigenen Auslöschung, sagt die spanische Philosophin Marina Garcés. Vor der uns technische Lösungen nur scheinbar retten können, wie der weißrussische Kritiker des digitalen Kapitalismus, Evgeny Morozov, analysiert. „Und Sie, wo verorten Sie sich? Vor, während oder nach der Apokalypse?”, fragt der französische Wissenschaftstheoretiker Bruno Latour. Die einen setzen sich theoretisch mit der Apokalypse auseinander – sie anderen sind schon draußen, auf den Straßen: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut.”
22:05 bis 23:00 | Deutschlandfunk
Atelier neuer Musik: Klangraum Europa – Modern und maltesisch? Gegenwärtiges Komponieren auf Malta
Von Magdalene Melchers. In der katholisch geprägten Inselrepublik wird heute viel komponiert: für Gottesdienste, für Festivals oder für spektakuläre Anlässe, die Malta mit dem europäischen Kontinent verbinden. Aber, wie modern und zugleich wie maltesisch ist all dies? Autorin Magdalene Melchers befragte dazu Vertreter des nationalen Musiklebens: Christopher Muscat, Domkapellmeister der Erzdiözese, die Pianistin Charlene Farrugia, alsdann Elton Zarb, der für den Eurovision Song Contest als auch für das Kulturhauptstadtjahr 2018 komponierte, sowie Ruben Zahra, Präsident des maltesischen Verbands für zeitgenössische Musik und Leiter des „Malta International Arts Festival“. Die Palette der Antworten lässt die Vielfalt dessen erahnen, was hier in Anbetracht mediterraner und sogar prähistorischer Kulisse entsteht und erklingt.
23.03 | WDR 3
Open Sounds: Studio Elektronische Musik – Mit Frank Hilberg: Glocken-Spiele
Der heilige Klang zum anderen heiligen Abend: schwingendes Metall, aufgeladen mit Bedeutung, mit Emotionen, mit Erinnerungen. Ebenso vielfältig wie die kulturelle Nutzlast sind die akustischen Verhältnisse: Überlagerungen von komplexen, unharmonischen Spektren und nur das Wunder der Residualtonhöhen läßt uns Harmonien erleben. Musikalisch ist diese Gratwanderung zwischen Klang und Geräusch oft aufgegriffen worden und wenn die Feiertage den Glockenklang in wonnige Zusammenhänge stellt, so soll der Hinweis auf die krasse (wo nicht brutale) Klanggestalt der Glocken nicht verdrängt werden. Reichhaltiges Hörerlebnis ist allemal gewährleistet.
John Cage: Music for Carillon für elektronisches Glockenspiel; David Tudor | Ivo Malec: Carillon Choral, Elektronische Komposition | Herbert Eimert / Robert Beyer: Glockenspiel, Elektronische Komposition | George Crumb: Litanei der Glocken des Sternennebels – Löwe, aus „Makrokosmos II“ für elektrisch verstärktes Klavier; Adam Fellegi | George Crumb: Carol of the Bell, aus „A Little Suite for Christmas“ für Klavier; Fuat Kent | Mauricio Kagel: Nah und Fern, Radiostück für Glocken und Trompeten | Helmut Lachenmann: Glockenturm, aus „Ein Kinderspiel“ für Klavier; Helmut Lachenmann | Peter Behrendsen: Glockenschläge – Eine Collage | George Crumb: The Advent, aus „Makrokosmos III“ für 2 elektrisch verstärkte Klaviere und 2 Schlagzeuger; Ensemble New Art
23:05 bis 00:00 | BR-KLASSIK
Musik der Welt: Schwedische Impressionen
Es sind Aufsehen erregende, wahre, zum Teil erschütternde Geschichten des 19. Jahrhunderts, die das schwedische Trio Triakel zusammengetragen und in einem spannenden Album veredelt hat. Die Musik ist schlicht, „einfach“, transparent und in sparsamen Arrangements von Geige und Harmonium auf die Stimme der Sängerin Emma Härdelin zugeschnitten. Reduziert und betörend zugleich nimmt man auch die Klangwelten der Formation „Kraja“ wahr: „Harmonie“ ist den vier Schwedinnen ein wichtiges Wort – Harmonie aus Klang und Atem, aus Melodien und Silben. „Kraja“ ist in der samischen Sprache „der Ort, nach dem Du Dich sehnst“. Das hervorragende Quartett singt a cappella, ohne Instrumentalbegleitung und hat schwedische Volks-, Liebes-, und Weihnachtslieder im Repertoire. Eine Sendung von Roland Kunz
so – 26.12.2021
00:05:00 | Ö1
Dominik Fuss & Jörg Leichtfried im Gespräch und im KlangTheater
Die beiden sind keine Unbekannten in der Wiener Musikszene: Trompeter Dominik Fuss ist einschlägig vorbelastet, gemeinsam mit seinem Vater Martin Fuss sowie dem ebenfalls Saxofon spielenden Bruder Florian ist er im Sextett Affäre Dreyfuss umtriebig, zudem war er 2018 der von der Ö1-Jazzredaktion nominierte österreichische Vertreter im Euroradio Jazz Orchestra der EBU (European Broadcasting Union) in Riga. Der aus Waidhofen/Ybbs stammende Pianist Jörg Leichtfried hingegen ist durch Aufnahmen mit Mundharmonika-Könner Bertl Mayer sowie im eigenen Trio hervorgetreten, zuletzt legte er mit dem Quartett Elektro Jirschi das Album „Misery is Wasted on The Miserable“ vor.
Im Duo lassen Fuss und Leichtfried ihre musikalischen Energien auf wunderbare Art und Weise zusammenfließen. „Little Tales of Light and Sorrow“ heißt die erste gemeinsame CD, veröffentlicht zu Beginn des Jahres 2021. Der Trompeter und der Pianist reflektieren Eindrücke aus Wien, Paris, Tunesien und von der polnischen Ostseeküste, in reifer Gelassenheit erzählen sie klingende Geschichten, substanzvoll, bildhaft, poetisch und vielfärbig -und bei aller Intimität auch um lebhafte, zupackende Momente nicht verlegen. Frank Hoffmann bittet Dominik Fuss und Jörg Leichtfried zum Gespräch und präsentiert das Duokonzert vom 3. Dezember 2021, aufgenommen in der Reihe „5 Millionen Pesos“ im KlangTheater des Wiener RadioKulturhauses.
12:00 bis 13:00 | hr2-kultur
Feature: „Ein milder Stern herniederlacht“ – Von den Botschaften des Himmels | Hans-Joachim Simm
Außergewöhnliche Himmelskonstellationen galten als Vorboten von Katastrophen, aber auch von glücklichen Ereignissen, wie der Stern von Bethlehem. Bis heute sind die Sterne, trotz der weitgehenden Kartographierung des Universums, geheimnisvoll und längst nicht entzaubert.
Joseph von Eichendorff war überzeugt: „Und der Himmel, Stern auf Stern, | Sendet so viel tausend Grüße“; Clemens Brentano äußerte sich vorsichtiger: „Ich darf wohl von den Sternen singen | … | Und wird mein armes Lied gelingen, | Dann wird vom Stern mir zugenickt.“
Nicht nur der Navigation für Reisende und Seefahrer dienten und dienen die Sterne; mit ihnen verband sich die Sehnsucht nach einem vom Irdischen befreiten Leben. Bereits früh wurden ihnen göttliche Eigenschaften zugeschrieben, und mythische Figuren meinte man in ihnen wiederzuerkennen: den Jäger Orion, den geflügelten Pegasus und viele andere. Sternbilder und Tierkreiszeichen wurden und werden schicksalhaft gedeutet. Das Feature beleuchtet die Stern- und Himmelsbetrachtungen, die Botschaften des Himmels, mit Texten aus Dichtung, Religion und Wissenschaft.
14:05 bis 14:30 | Bayern 2
Breitengrad: Shalom und Salam – Israel und Marokko kommen sich (noch) näher
Von Dunja Sadaqi und Benjamin Hammer. Israel hat wohl zu keinem anderen arabischsprachigen Land so enge Beziehungen wie zum nordafrikanischen Marokko. Anders als in den meisten anderen arabischsprachigen Ländern gibt es in Marokko weiterhin eine lebhafte und sichtbare jüdische Gemeinde. Seit Jahren werden Synagogen aufwendig restauriert, jüdische Zentren vom König höchstpersönlich eröffnet. In der neuen Verfassung des Königreiches wird die jüdische Identität explizit erwähnt. Die Beziehungen sollen mit der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen nun noch enger werden. Die wirtschaftlichen Hoffnungen sind in beiden Ländern groß. Die kulturellen Kontakte – die schon vor der diplomatischen Annäherung eng waren – sollen noch intensiver werden. Jede*r neunte Israeli*n stammt aus Marokko oder hat Vorfahren von dort – ca. 1 Millionen Israelis. Die Erinnerungen an die Auswanderung sind nicht immer positiv. Auch in Marokko gab es Pogrome gegen die Juden. Und im Israel der 50er Jahre erwartete viele marokkanische Eingewanderte Armut und Diskriminierung im jungen Staat Israel. Ein Feature über Gemeinsamkeiten und Brüche. Hoffnungen und Niederschläge. Über Geschichte, Gegenwart und Zukunft.
16:30 Uhr | Deutschlandfunk
Wissenschaft im Brennpunkt: Der dunkle Geist – Vorstoß ins unbewusste Bewusstsein
Von Martin Hubert. Der unbewusste Geist ist für die exakten Wissenschaften immer noch ein großes Rätsel. Denn wie soll man ein Phänomen messen, das sich definitionsgemäß der direkten Analyse entzieht? Doch in den letzten Jahren bewegt sich etwas. Neurowissenschaftler erweitern das Konzept des Bewusstseins um unbewusste Anteile, weil alle Gedanken und Erinnerungen eine unbewusste Quelle haben müssen. Wachkomaforscher versuchen, mit diesen unbewussten Wurzeln alles Geistigen in Kontakt zu kommen. Und Psychologen denken sich immer raffiniertere Experimente aus, um nachzuweisen, dass unser Geist auch unbewusst rechnen, Bewegungen vorhersagen, sich erinnern oder Bedeutungen verstehen kann. Manche Forscher warnen davor, den Vorstoß ins Unbewusste zu überschätzen, doch vieles scheint möglich.
18:05 bis 18:30 | Deutschlandfunk Kultur
Nachspiel. Feature: Warmduscher werden Winterschwimmer – Corona sorgt für Abhärtung
Von Fritz Schütte. (Wdh. v. 31.01.2021). Es kostet immer noch Überwindung. Seit sechs Jahren steigt Jaqueline Jänike bei Wind und Wetter, Schnee und Frost in den Heiligen See in Potsdam. Eine halbe Stunde hält sie in eiskaltem Wasser aus und hat schon Medaillen gewonnen bei Eisschwimm-Weltmeisterschaften. „Du gehst da jetzt nicht rein, oder?“ Früher haben Spaziergänger schon mal den Rettungsdienst gerufen, heute sind sie den Anblick gewohnt. Wegen der pandemiebedingten Schließung der Hallenbäder bildeten sich an vielen Seen Trainingsgruppen. Raus aus dem eisigen Wasser kann es eine Viertelstunde dauern, bis Jaqueline – anschließend dick eingemummelt – aufhört zu zittern. Aber sie ist glücklich.
18:30 bis 20:00 | Deutschlandfunk Kultur
Hörspiel: A Funeral March for the First Cosmonaut – Ein Hörspiel-Poem
Von Etel Adnan und Ulrike Haage. Übersetzung und Dramaturgische Mitarbeit: Klaudia Ruschkowski
Regie und Komposition: Ulrike Haage; Mit: Etel Adnan, Judith Engel, Zainab Alsawah und Eduard Wassmann; Solisten: Christina Andersson, Claudio Puntin, Ulrike Haage; Ton und Technik: Thomas Monnerjahn, Martin Offik, Gunda Herke; Produktion: Deutschlandfunk Kultur 2019; Länge: 49’37
1968 schrieb Etel Adnan den „Trauermarsch“ für den zu Tode gekommenen Kosmonauten Jurij Gagarin, „das große Kind in einer großen Maschine“: eine Metapher auf die Höhenflüge und Abstürze der Menschheit.
Am 12. April 1961 umrundete Jurij Gagarin mit dem Raumschiff Wostok 1 in 108 Minuten die Erde und schrieb damit Weltraumgeschichte. Kaum sieben Jahre später kam er beim Absturz seiner zweisitzigen MiG nahe Moskau ums Leben. Die Ursache für das Unglück ist bis heute nicht genau geklärt.
Etel Adnan interessierte sich unter philosophischen, künstlerischen und mythischen Aspekten für die Weltraumprogramme der Großmächte. Der Kosmonaut Gagarin – „the great child in the great machine“ – hatte es ihr besonders angetan. Sie schrieb nach seinem Tod 1968 das elfteilige Poem „A Funeral March for the First Cosmonaut“ – eine Metapher auf Höhenflüge und Abstürze der Menschheit. Die maschinengeschriebene Version legte Etel Adnan 50 Jahre nach deren Erscheinen in die Hände der Komponistin und Pianistin Ulrike Haage. Sie komponierte 2017 die Musik zu „Nacht“, einem Hörspiel auf der Grundlage von Etel Adnans gleichnamiger Textsammlung. So wurde der „Funeral March“ nicht nur zu einem musikalischen Requiem, sondern zugleich zu einem Hörspiel, in dem sich Text und Klang, Komposition und Improvisation verschränken.
Man kann das Hörspiel hören wie eine Konzertaufführung, man kann sich darauf einlassen wie auf eine Klanginstallation. Man muss dieses Gedicht nicht sofort verstehen, sondern kann sich treiben lassen von den Qualitäten der Stimmen und Instrumente.
Etel Adnan, geboren 1925 in Beirut, gehört zu den wichtigsten Stimmen der arabischen Welt und gilt als Grande Dame der arabischen Literatur. Die Schriftstellerin, Essayistin, Philosophin und Malerin lebt heute in Paris, früher in Sausalito (Kalifornien) und Beirut. Ihre Bilder, Zeichnungen und Künstlerbücher waren 2012 in eigenen Räumen auf der documenta (13) zu sehen. Hörstücke: „Schiff im Sturm Berg Mond Meer ganz und gar schwerelos. Etel Adnans Reise durch Leben und Länder“ (DKultur 2008), „Arabische Apokalypse“ (DKultur/HR 2013). „Nacht“ (Deutschlandfunk Kultur 2017) wurde zum Hörspiel des Monats August 2017 gewählt.
Ulrike Haage, geboren in Kassel, arbeitet an der Schnittstelle von Jazz, Avantgarde, klassischer Musik und Literatur. Neben ihrer Arbeit als Komponistin, Autorin und Regisseurin von preisgekrönten Hörspielen, schreibt sie Filmmusik und ist als Solopianistin und Scriptautorin tätig. Sie lebt in Berlin.
20:05 Uhr | Deutschlandfunk
Freistil: Schiefe Töne – Eine Sanges-Geschichte von Scham und Scheitern
Von Florian Felix Weyh. Mit Jörg Hartmann und Frank Arnold. Ton und Technik: Bernd Friebel. Regie: Philippe Brühl. Produktion: Deutschlandfunk 2018
Gut sprechen kann der Autor und Moderator Florian Felix Weyh. Aber wenn er seine Stimme zum Gesang erhebt, wird es peinlich für ihn und peinigend für andere. Er kann nicht singen und beherrscht die Technik nicht. Was tun?
Er hat Panik, dass er sich mit seinen schiefen Tönen bis aufs Mark blamiert und bekommt Herzrasen. Trotzdem will er seit jeher singen. Soll er bis ans Lebensende die Stimmbänder davon lassen und souverän ein sprechender Nichtsänger bleiben? Oder sich wagemutig aufs Feld von Scham und Scheitern begeben?
Gewiss ist er kein Einzelfall, das beweisen „Ich-kann-nicht-Singen“-Chöre in etlichen Städten. Also heißt es Leidensgenossen suchen, Rat und Schulung in Anspruch nehmen und dem Risiko ins Auge blicken, dass er am Ende als komplett amusischer Mensch dasteht.
22:08 – 23:00 | Ö1
Von der Science-Fiction zur Sonic Fiction – 2021 revisited. Afro-Futurismus
In den frühen 1990ern begann Afro-Futurismus sich aus Kunst- und Kulturformen zusammenzusetzen, die die afrikanische Diaspora mit technokulturellen Bedingungen kurzschlossen. 1998 veröffentlichte Kodwo Eshun mit „More Brilliant Than The Sun“ das Basisbuch zum musikalischen Afro-Futurismus. Davon ausgehend, lässt der Zeit-Ton Extended anhand von Musikstücken theoretische und ästhetische Konzepte des Afro-Futurismus Revue passieren.
„You exist only as a myth. If you would exist, you would have equal rights“, sagt der Jazzmusiker Sun Ra im Film „Space Is The Place“ (1974). Und in seinem Buch „Über Pop-Musik“ schreibt der Pop-Musik-Theoretiker Diedrich Diederichsen: „Kodwo Eshun verdanken wir den Begriff der Sonic Fiction.“
Afro-Futurismus beschreibt das Fremdsein oder die Nicht-Existenz innerhalb von Gesellschaften. Anders als „weiße“ Science-Fiction, die dafür zu anderen Planeten reist, künden afro-futuristische Texte, Musiken, Filme und Comics von Entfremdungen an realen Orten und davon, wie sie von anderen Planeten auf die Welt kamen; als prominenteste Beispiele Sun Ra und Herbie Hancock. Astronautik als Afronautik gelesen heißt nicht nur Weltraum-Technologie wie beim Album „Rings Of Saturn“ des Detroit-Techno-Projekts X-102, sondern auch die Kolonisierung von Unterwasserwelten im Techno-Duo Drexciya oder die Rückbesinnung auf archaische Legenden; siehe etwa John Akomfrahs Film „The Last Angel Of History“.
Afro-Futurismus lässt sich als gedankliche und künstlerische Elemente sehen, die „schwarzen“ Free Jazz der 1970er Jahre mit der Techno- und Dance-Musik verbinden.
Futurhythmaschinen. Mit „More Brilliant Than The Sun. Adventures in Sonic Fiction“ schrieb der britische Autor und Kulturwissenschaftler Kodwo Eshun eines der einflussreichsten Pop-Theorie-Bücher der letzten 20 Jahre. Von dort traversiert der Zeit-Ton Extended Positionen des Afro-Futurismus bis heute an Beispielen wie Funkadelic, Kraftwerk und Moor Mother.
Musik global: Dieser Zeit-Ton extended fand im Rahmen der Ö1 Programminitiative „Musik global“ statt. Seit einiger Zeit beschäftigen sich immer mehr namhafte Institutionen der neuen Musik mit dem Thema des Westzentrismus und der Dekolonisation, so etwa auch die heurigen Donaueschinger Musiktage, in deren Programm zum 100. Geburtstag sich ein Schwerpunkt mit dem Titel „Donaueschingen global“ fand. Die Ö1 Musikredaktion nimmt das Projekt des altehrwürdigen Avantgarde-Festivals zum Anlass, um sich in dieser langfristig angelegten Programminitiative mit grundsätzlichen Fragen zu beschäftigen: Warum bleiben in Konzert- und Opernhäusern die Weißen unter sich? Hat die sogenannte Klassik koloniale Strukturen noch immer nicht überwunden? Warum gibt es in der Klassik viel weniger „People of Color“ als in Jazz und Pop? Ist struktureller Rassismus dafür ein Grund? Auf der Suche nach Antworten unternehmen wir dabei auch Exkursionen in angrenzende Musikbereiche. Gestaltung: Heinrich Deisl
23:00 bis 00:00 | hr2-kultur
Feature: „Ein milder Stern herniederlacht“ – Von den Botschaften des Himmels | Hans-Joachim Simm
Außergewöhnliche Himmelskonstellationen galten als Vorboten von Katastrophen, aber auch von glücklichen Ereignissen, wie der Stern von Bethlehem. Bis heute sind die Sterne, trotz der weitgehenden Kartographierung des Universums, geheimnisvoll und längst nicht entzaubert.
Joseph von Eichendorff war überzeugt: „Und der Himmel, Stern auf Stern, | Sendet so viel tausend Grüße“; Clemens Brentano äußerte sich vorsichtiger: „Ich darf wohl von den Sternen singen | … | Und wird mein armes Lied gelingen, | Dann wird vom Stern mir zugenickt.“
Nicht nur der Navigation für Reisende und Seefahrer dienten und dienen die Sterne; mit ihnen verband sich die Sehnsucht nach einem vom Irdischen befreiten Leben. Bereits früh wurden ihnen göttliche Eigenschaften zugeschrieben, und mythische Figuren meinte man in ihnen wiederzuerkennen: den Jäger Orion, den geflügelten Pegasus und viele andere. Sternbilder und Tierkreiszeichen wurden und werden schicksalhaft gedeutet. Das Feature beleuchtet die Stern- und Himmelsbetrachtungen, die Botschaften des Himmels, mit Texten aus Dichtung, Religion und Wissenschaft.
23:03 bis 00:00 | SWR 2
SWR2 JetztMusik: Unterm Sternenlicht – Neue Musik für Orgel
Dominik Susteck, Stephan Heuberger (Orgel). Michael Pattmann (Schlagzeug). Younghi Pagh-Paan: „Unterm Sternenlicht“ für Orgel | Isang Yun: Fragment für Orgel | Younghi Pagh-Paan: „Bleibt in mir und ich in euch“ für Orgel und Schlagzeug | Mark Andre: „iv 15 (Himmelfahrt)“ für Orgel.
2021 war das Jahr der Orgel. Bis heute widmen sich Komponistinnen und Komponisten immer wieder diesem besonderen Instrument, nutzen die klangräumlichen und instrumententechnischen Eigenheiten für neue Ideen. Mark Andre erforschte die Orgel in St. Ludwig in München für sein Werk „iv 15“. Younghi Pagh-Paan arbeitet mit dem Kirchen- als Resonanzraum. Isang Yun sucht nach Verbindungen von östlicher und westlicher Ästhetik im Orgelklang.
23.03 | WDR 3
Studio Neue Musik: Meilenstein der Moderne (26) Mauricio Kagel
Die Idee des Übergangs, die Klangtransformation, ist zentral für Mauricio Kagels Transición II. Sie ereignet sich auf allen Ebenen der Musik: formal, spiel- und aufnahmetechnisch. Das Klavier wird dabei zum universellen Klang-Körper: Der Pianist erzeugt Clusterklänge durch verschiedene Hand- und Armbewegungen, die den Übergang vom Klang zum Geräusch bilden. Er spielt auf den Tasten, während der Schlagzeuger im Inneren des Klaviers agiert, der Saiten, Resonanzboden und den Rand des Klaviers mit Schlägeln traktiert. Zuspielungen überlagern das Livegeschehen mit bereits Gespieltem, mit einzelnen Passagen, die im Verlauf der Aufführung aufgezeichnet werden. So entsteht ein vielfarbiges Gebäude klanglicher Möglichkeiten eines einzigen Hyper-Instruments.
Das Stück, das wir zu Mauricio Kagels 90. Geburtstag vorstellen, zählt zweifellos zu den Meilensteinen der experimentellen Klaviermusik. Es ist fast eine Art Gegenpol zu Karlheinz Stockhausens Komposition Kontakte, die kurz danach (1959-60) entstand und in der zum Teil ganz ähnliche Ziele verfolgt werden. Mauricio Kagel: Transición II für Klavier und Tonband
23:05 bis 00:00 | BR-KLASSIK
Musik der Welt: Lettische Impressionen
Lettland – ein Land voller Musik und Geschichten, ein musikalischer Schmelztiegel zwischen Ost und West. Die Letten „ersangen“ sich die Freiheit, stellten sich zu Beginn der 1990er Jahre vor die russischen Panzer und intonierten ihre Jahrhunderte alten „Dainas“, die traditionellen Volkslieder ihrer Heimat. Jene „Dainas“ wurden in einem Schrank gesammelt, der mittlerweile zum Weltkulturerbe gehört. Die Formation „Lata Donga“ setzt sich mit dieser Tradition auseinander, verbindet puristischen Gesang mit elektronischen Klangelementen. Auch in den Liedern des Sextetts „Tautumeitas“ oder der Gruppen „Raxtu Raxti“, „Lâns“, „Saucejas“, „Laima Jansone“ spiegelt sich die reiche lettische Mythologie wider. Die Stilrichtungen sind unterschiedlich, haben aber eines gemeinsam: Sie sind vom traditionellen, authentischen Gesang geprägt und arbeiten weitgehend mit den traditionellen lettischen Instrumenten wie „Kokle“, Dudelsack, „Giga“, Akkordeon, Geige, Maultrommel und Blockflöte.
23:30 bis 23:57 | Deutschlandfunk
Jazz Live: Klangraum Europa – Hayden-Zone
Ein etwas anderes Kirchenkonzert mit Hayden Chisholm, Kit Downes und Chor. Hayden Chisholm, Altsaxofon, Shrutibox, Gesang; Kit Downes, Kirchenorgel; PJEV: Zvezdana Ostojic, Gloria Lindeman, Lana Hosni, Julijana Lesic, Jovana Lukic, Gesang. Aufnahme vom 1.9.2021 aus der Agneskirche, Köln. Am Mikrofon: Hayden Chisholm
Im Rahmen der Cologne Jazzweek 2021 gab Saxofonist Hayden Chisholm ein außergewöhnliches Kirchenkonzert, für das er Musiker ganz unterschiedlicher Herkunft zusammenbrachte: Der britische Pianist und ausgebildete Kirchenmusiker Kit Downes traf auf das serbisch-bosnische Vokalensemble PJEV. Während dieser fünfköpfige Frauenchor mit regionstypischem, glockenhellem Timbre alte Volkslieder sang, entlockte Downes der Kirchenorgel improvisierend unerhörte, faszinierende Klänge. Chisholm selbst spielte Altsaxofon, Shrutibox und trat als Obertonsänger in Erscheinung. Die heterogenen Musiken kontrastierten, überlagerten und durchdrangen sich in diesem Konzert mit enorm suggestiver Wirkung. Auszüge aus dem Programm stellt der auch als Rezitator arbeitende Hayden Chisholm in der Sendung selbst vor.