09.01.2022 – der radiotag

Liebe radiotag-Nutzer*innen, wir haben jetzt ein paar Wochen mit diesem Newsletter experimentiert. Ich persönlich fand die Idee ganz wunderbar. Denn im Radioprogramm den Überbleick zu behalten, ist nicht so ganz simpel. Die Auswahl war trotzdem geschmacklich „gewählt“. Möglichst bunt und nach dem Motto: Wer nur etwas von Musik versteht, versteht auch von Musik nichts. Angeblich ist es Hanns Eisler zugeschrieben. Wie auch immer. Der Aufwand dafür ist relativ gr0ß und insbesondere kostet es Zeit. Da wir diesen Newsletter aber letztlich duch Manpower bezahlen müssen, stellt sich die Frage: Lohnt sich das wirklich?

Aktuell beziehen nicht einmal 20 Personen diesen Newsletter. Tja. So schade. Daher stellen wir die Auslieferung einstweilen ein. Wir bekommen leider keinen Rundfunkbeitrag aus dem wir das finanzieren könnten. Und die Hoffnung, dass dies die Rundfunkanstalten vielleicht tun würden, ist eine Illusion. Diese bekommen es ja leider, bis auf wenige Ausnahmen, nicht einmal auf die Kette, entsprechende Vorschauen anzuliefern. Geschweige denn, dass sie, im Verbund, eine entsprechend funktionierende Suchmaschine in die Welt setzen können. Irgendwie muss man den Eindruck bekommen, sie gehen nach Quote, aber nicht nach Hörer*innen.

Nun denn. Auch andere Länder haben schöne Sender. …

Sie können sich mit dem unten angefügten Link selbst abmelden, sonst wird es in wenigen Tagen automatisch durch uns passieren.

14:05 bis 15:00 | SWR 2
SWR2 Feature: Il Sottosopra – Unter Tage, über Tage. Aus dem Leben sardischer Bergmänner

Von Gianluca Stazi und Giuseppe Casu. (Produktion: DLF 2019). Nach einem langen Leben in den Tiefen einer sardischen Mine beschreiben die Bergarbeiter Silvestro und Manlio ihre Beziehung zu Stollen, Staub und Arbeit. Und sie erzählen von dem politisch aufgeladenen Moment, als sie damit drohten, sich im Inneren des Berges in die Luft zu sprengen, aus Protest gegen die Schließung ihrer Mine. – Ein Feature, das von seinen starken Originaltönen und der intimen Erinnerung lebt. Und der großartig gesetzten Übersetzung … Das italienische Originalstück wurde beim Prix Europa 2018 als bestes europäisches Radio-Feature ausgezeichnet.

15:05 Uhr | Deutschlandfunk
Rock et cetera: Cyberfunk auf der Sprungschanze – Die österreichische Rockband Mother’s Cake

Von Fabian Elsäßer. Auch wenn die Band Mother’s Cake sich selbst als Untergrund-Band versteht, scheut sie die große Inszenierung nicht: 2008 gegründet, zehn Jahre später, im Herbst 2018, nahm das Trio ein Live-Album mitten auf der Sprungschanze seines Herkunftsortes Innsbruck auf, ohne dabei ins Schlittern zu geraten. Der Auftrittsort passt zur Musik, denn die ist oft ein spektakulärer Sturzflug durch die Rockgeschichte. Psychedelic, Progressive und Hardrock werden dabei gestreift, und auch der Titel des 2020er-Albums „Cyberfunk“ hat seine Berechtigung: Bei aller musikalischen Komplexität können Yves Krismer, Benedikt Trenkwalder und Jan Haußels nämlich auch grooven. Als Einfluss nennen die Musiker zwar unter anderem die ausufernd vertrackte Prog-Psych-Band Mars Volta, doch ihre Musik ist wesentlich kompakter.

16:30 Uhr | Deutschlandfunk
Wissenschaft im Brennpunkt: Psycho-Revolution – Neustart für die Diagnosen der Psychiatrie

Von Martin Hubert. Wer zum Psychiater kommt, erwartet, dass er erfährt, was ihm fehlt. Doch daran hapert es seit  vielen Jahren. Psychiatrische Diagnosen sind oft  zu allgemein, sodass sie auf verschiedene Störungsbilder zutreffen und die individuellen Schwierigkeiten nicht genau erfassen. Im ICD11, dem neu überarbeiteten Diagnosehandbuch der WHO, soll das Problem jetzt behoben werden –  jedenfalls für Persönlichkeitsstörungen. In Zukunft soll es keine Diagnosen wie Narzissmus, Ängstlich-Vermeidende oder paranoide Persönlichkeitsstörung mehr geben, sondern nur noch so genannte „Dimensionen“, ein Baukasten aus Kriterien, mit denen sich eine Störung  individuell beschreiben lässt: Kleine Hinweisschilder statt großer Schubladen, wenn man so will. Doch schon gibt es Kritik am neuen Ansatz und manche Psychiater basteln bereits an Alternativen für alle psychischen Erkrankungen.

17:10:00 | Ö1
Grady Tate: 1932-2017

Der Geburtstag des 2017 verstorbenen Schlagzeugers und Sängers Grady Tate jährt sich am 14. Jänner zum neunzigsten Mal.

Tates Laufbahn war ursprünglich ganz auf eine Gesangskarriere ausgerichtet: Er sang seit seinem vierten Lebensjahr, gab aber nach seinem Stimmbruch für mehrere Jahre das Singen auf. Während seiner Militärzeit betätigte er sich wieder musikalisch, und zwar sowohl als Sänger als auch als Schlagzeuger. Als Drummer wird er schließlich international bekannt. Grady Tate gilt als einer der meistaufgenommenen Schlagzeuger der Musikgeschichte. Im Studio und auch auf der Bühne arbeitete er mit u.a. Quincy Jones, Jimmy Smith, Oscar Peterson, Wes Montgomery oder auch Sängerinnen wie Ella Fitzgerald und Aretha Franklin zusammen. Aber auch als Sänger hat er mehrere Alben aufgenommen und wurde in dieser Rolle für den Grammy nominiert.

17:30 bis 18:30 | Deutschlandfunk Kultur
Nachspiel: Das Sportmagazin – Plätze im Abseits – Vergessene Orte des Sports

Von Anja Röbekamp. Auch Sportplätze sind dem Wandel der Zeit und damit manchmal auch dem Verfall preisgegeben. Sie werden planiert, umgebaut, abgerissen – und teilweise vergessen. Wo früher in Berlin Ost das Stadion der Weltjugend stand, residiert heute der Bundesnachrichtendienst. Der brandenburgische Heinitzsee, an den sich viele Tauchsportler der DDR mit Wehmut erinnern, wurde trockengelegt. Ehemals luxuriöse Badeanstalten rotten vor sich hin. In der Erinnerung vieler Sportfreunde bleiben die Orte aber lebendig. Über die „Tennisplätze der Intellektuellen“ am Kurfürstendamm in Berlin West werden heute noch Geschichten erzählt.

20:05 Uhr | Deutschlandfunk
Freistil:Kleine Freiheit – Vom Spazierengehen

Von Uta Rüenauver; Regie: Philippe Brühl; Produktion: Deutschlandfunk 2022. Am Anfang des Spazierengehens steht ein Versprechen: Freiheit. Die Verlockung, sich zu verlaufen und dabei zu finden – sich selbst und anderes. Kein Wunder, dass das Spazierengehen für manche mehr ist als ein Gang um den Block.

Die Corona-Pandemie hat dem Spazierengehen einen unverhofften Hype beschert. Die an den heimischen Schreibtisch gefesselten Menschen, beraubt auch der meisten Sport- und Freizeitmöglichkeiten, trieb es auf die Straßen, auf die Felder, in die Parks und in die Wälder. Eigentlich aber führt das absichtslose, müßiggängerische Gehen in einer beschleunigten, auf Effizienz ausgerichteten Welt ein eher glanzloses Dasein. Lieber wird, soll’s nicht gleich handfester Sport sein, gewalkt oder gewandert. Und für die lahmen Langweiler bleibt der Sonntagsspaziergang und gelegentliches Füßevertreten. Doch eines spüren wir alle: Der Spaziergang bietet uns neben frischer Luft und Bewegung auch die kleine Freiheit, kurz dem Alltagstrott zu entfliehen.

20:55:00 | Ö1
Nicole Mitchell: „Mandorla Awakening II: Emerging Worlds“ (2017)

Die in Chicago lebende afroamerikanische Flötistin und Komponistin Nicole Mitchell hat in den vergangenen Jahren mit afrofuturistisch inspirierten Projekten auf sich aufmerksam gemacht. Das meistbeachtete und meistgepriesene ist „Mandorla Awakening II: Emerging Worlds“, 2017 bei FPE Records auf Tonträger erschienen. Startpunkt dafür war die Lektüre von „The Chalice and the Blade“ (in der deutschen Übersetzung „Kelch & Schwert“) der Kulturhistorikern, Soziologin und Rechtswissenschaftlerin Riane Eisler. In diesem Buch geht es um Gesellschaften, die in zwei Strömungen unterteilt sind:

Die einen, die vom Willen zur Herrschaft geleitet werden, und die anderen, die partnerschaftlich und kollaborativ arbeiten. Davon angeregt, schrieb Nicole Mitchell eine im Jahr 2099 angesiedelte Geschichte über ein abgelegenes Land namens Mandorla Island. Dort treffen Dystopie und Utopie aufeinander, und ein Paar sucht nach Wegen, um eine Koexistenz von Prinzipien zu ermöglichen, die eigentlich als inkompatibel gelten.

Für die musikalische Umsetzung dieses Plots hat Nicole Mitchell ihr Black Earth Ensemble, bestehend aus Musiker/innen der aktuellen Chicagoer Jazzszene, um neue Mitglieder erweitert: Tatsu Aoki (Bass, Shamisen, Taiko) und Kojiro Umezaki (Shakuhachi) spielen traditionelle japanische Instrumente, sie stellen so das Zusammentreffen mit dem Unbekannten dar. Während die Erzählung einen fiktiven Ort in einer zukünftigen Welt fokussiert, ist die Musik eine aktive Erkundung von Dualitäten, den Konzepten des Utopischen und des Dystopischen folgend -wobei diese nicht als binäre Gegenpole, sondern als interagierende, sich entwickelnde Einheiten gesehen werden.

Das als Suite angelegte Album vereint unterschiedliche Stile wie Free Jazz, zeitgenössische klassische Musik, Blues, Folk, Gospel und Rock -Genre-Elemente, die sich verweben und aneinander reiben, ohne ihre klangliche Identität zu opfern. „Mandorla Awakening II: Emerging Worlds“ ist ein Album, das trotz seiner noch jungen Geschichte als überzeugende, reife, exemplarische musikalische Umsetzung der Ideen des Afrofuturismus im 21. Jahrhundert gesehen wird. Ein Werk, das eine Botschaft des Widerstands in sich trägt, für Veränderungen und die Befreiung des eigenen Geistes steht, vermittelt durch Fantasie und Musik. Nicole Mitchell über ihre Arbeit: „Ich verfolge die ehrgeizige Idee, dass Musik die Kraft hat, transformativ zu sein, dass wir durch Musik visionäre Welten schaffen können, die es uns ermöglichen, Alternativen in unserer Lebensweise zu sehen.“

22:00 | hr2-kultur
Hörspiel-Premiere | Bonjour Tristesse von Françoise Sagan Francoise Sagans Skandalroman zu sexueller Befreiung der 1950er Jahre

Die siebzehnjährige Cécile verbringt den Sommer zusammen mit ihrem Vater Raymond und dessen junger Geliebten Elsa an der französischen Riviera; sie führen ein Leben der gemäßigten Ausschweifungen. Der Witwer Raymond gefällt den Frauen und umgekehrt und Cécile begleitet ihn gern. Sie leben gemeinsam in den Tag hinein, genießen das Funkeln der Nacht und die Sonne am Tag. Am Meer lernt Cécile bald einen jungen Mann kennen, der ihr gefällt, und sie beginnt mit ihm zu flirten, wie man nur am Meer, in der Hitze des Südens flirten kann; die Ferientage versprechen also kurzweilig, heiter und rauschhaft zu werden.

20:03 Uhr | Deutschlandfunk Kultur
Konzert: Im Salon der Pauline Viardot

Gewehrsaal, Schloss Ettersburg in Weimar. Aufzeichnung vom 20.06.2021. „Nixe Binsefuss und Cancion de Infanta“. Lieder einer Europäerin – die französische Opernsängerin, Komponistin, Pädagogin und Herausgeberin Pauline Viardot mit Vertonungen in fünf Sprachen. Ina Kancheva, Sopran; Lea Birringer, Violine; Daniel Heide, Klavier

22:08 – 23:00 | Ö1
Chaya Czernowin empfiehlt: Die Lieblingsmusik der Komponistin Chaya Czernowin

Die in Haifa geborene, in Boston lebende Komponistin Chaya Czernowin präsentierte bei Wien Modern eine Uraufführung (zu hören in „Zeit-Ton“ am 10. Jänner 2021), interpretiert vom ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Christian Karlsen. Czernowin selbst hat in Israel, Berlin und New York studiert. Das Unterrichten ist nun schon lange ein wichtiger Teil ihrer Arbeit. Czernowin versucht ihre Student/innen bei der Suche nach der eigenen Stimme zu unterstützen. Nach langen Aufenthalten in Deutschland, Japan und den USA hatte sie sich die israelische Komponistin in Wien niedergelassen. Sie brach dafür ihre Zelte an der University of California in San Diego ab, um an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien zu unterrichten. Drei Jahre lang (2006-2009) war sie als Professorin in Wien tätig. Zu ihren Schüler/innen in Österreich gehörten heute international erfolgreiche Komponierende wie Margareta Ferek-Petric, Simon Vosecek, Thomas Wally, Tomasz Skweres und Hannes Dufek. Seit 2009 ist Czernowin Professorin an der Harvard University. In dieser Sendung stellt Czernowin Musik vor, die sie beeindruckt und geprägt hat. Gestaltung: Andreas Maurer

23.03 | WDR 3
Studio Neue Musik: My favorite Choice (48): Elena Schwarz

Die Musik der Gegenwart ist es, auf die sich die junge Dirigentin Elena Schwarz, in ihrer noch gar nicht lange zurückliegenden Studienzeit bewusst konzentriert hat: auch weil sie der Austausch mit den Komponist:innen fasziniert.

Inzwischen wirkt die 1985 geborene und im Tessin aufgewachsene Dirigentin auch am Pult bedeutender Orchester, wenn Werke des klassisch-romantischen Repertoires von Mozart bis Bruckner, von Haydn bis Puccini auf dem Programm stehen. Die Karriere der australisch-schweizerischen Künstlerin folgt derzeit einem steilen Aufwärtstrend. Sie gastiert in Luzern, Detroit und Liverpool, in den Niederlanden, Finnland und der Schweiz. Zugleich sammelt sie als Assistentin beim Orchestre Philharmonique de Radio France und beim Tasmanian Symphony Orchestra grundlegende Erfahrungen. Die Liebe zur zeitgenössischen Musik ist ihr geblieben. In der Konzertreihe Musik der Zeit im Kölner Funkhaus leitet sie in diesem Monat das WDR Sinfonieorchester. Bei einem Abstecher ins Studio präsentiert sie vorab eine sehr persönliche Auswahl musikalischer Erlebnisse.

Mit Ausschnitten aus folgenden Werken: Gérard Grisey: Partiels, aus „Les Espaces Acoustiques“ für 18 Musiker; WDR Sinfonieorchester, Leitung: Stefan Asbury | Rebecca Saunders: Solitude für Violoncello; Séverine Ballon | Adam Maor Halim: Konzert für 2 Klaviere und Orchester; Antoine Françoise und Gilles Grimaître; TOBS Theater Orchester, Leitung: Elena Schwarz | Lisa Streich: Segel für großes Orchester; Lucerne Festival Academy Orchestra, Leitung: Gregor Mayrhofer | Mazen Kerbaj: Please choose another pedantic name for this track für Trompete solo; Mazen Kerbaj |  Salvatore Sciarrino: Efebo con radio für Stimme und Orchester; Sonia Turchetta, Mezzosopran; WDR Sinfonieorchester, Leitung: Kazushi Ono