so – 12.12.2021 – im radio


00:10:00 | Ö1
Claus Spechtl im Studio, Matthias Schriefl & Geläut in Wien

Claus Spechtl schwimmt bevorzugt gegen den Strom. Den Wiener Jazz-und Bluesgitarristen lassen der Zeitgeist und andere, etwaig auftretende musikalische Modeerscheinungen nur milde lächeln. Seit Dekaden beständiges Kreativteilchen der österreichischen Musikszene (ORF-Big Band unter Richard Österreicher, Karl Ratzer, Blaulichtviertel, CS3o u.a.), ist der renommierte Sideman und Bandleader auf Theater-und Konzertbühnen, im Studio und als passionierter Lehrer an der Musik-und Kunst-Privatuniversität Wien tätig. 2021 hat Claus Spechtl gleich mehrfach Grund zu feiern: Sein neues Trioalbum mit Bassistin Gina Schwarz und Gernot Bernroider am Schlagzeug ist vor kurzem erschienen, ein Duo-Album mit Schauspieler-Bruder Rainer Spechtl, das dem Wiener Blues huldigt, ist in der Pipeline -und Claus Spechtl hat im Oktober seinen 65. Geburtstag gefeiert. Das alles und noch mehr wird bei seinem Besuch im Jazznacht-Studio gebührend gewürdigt.

Matthias Schriefl, der Blechblasmultitasker aus dem Allgäu, ließ am 29. Mai 2021 in der Jazzkathedrale der Wiener, dem Club Porgy & Bess, ganz in der Nähe des Stephansdoms allerhand „Geläut“ -so der Name des Projekts -grooven und tönen, die altehrwürdige Pummerin inklusive. Schriefl besinnt sich in diesem seinem neuen, im Lockdown geborenen Programm auf eine Zeit, als nicht Smartphone-Klingeln, sondern Kirchenglocken den Tagen und Nächten Struktur verliehen. Fanfaren, Choräle, Geläute aus Land und Stadt, geschmeidige Improvisationen, meditative Obertonklänge -das alles und mehr verschmolz das deutsch-österreichisch-schweizerische Quartett mit Sarah Büchi (Stimme), Susanne Paul (Cello), Johannes Bär (Multiblech) und Matthias Schriefl (Multiblech) im Porgy & Bess zu einem verblüffend organischen Konzertabend, der besonders in hektischen Zeiten als Ruheinsel dienen könnte.

14:05 bis 15:00 | SWR 2
SWR2 Feature: P = ϕ (A, B, γ) – Ein Schuldenwiderstandsoratorium – Trilogie zum Kapitalismus (2/3)

Von Barbara Eisenmann und Frieder Butzmann. (Produktion: SWR/Deutschlandradio Kultur/NDR 2015). Auf dem Höhepunkt der Euro-Krise setzen sich die Autorin Barbara Eisenmann und der Komponist Frieder Butzmann mit dem Thema Schuld und Schulden auseinander. Es tauchen auf: Großgläubiger, die Finanzmärkte, der verschuldete Mensch und sein Widerstand und eine finanzmathematische Formel, in der eine Schuldenkrise nicht vorgesehen war. Chöre, Solisten und einzelne Stimmen werden zu einem bislang unerhörten Oratorium über Schulden, Schuld und Widerstand.  (Teil 3, „Luft – Ein Welterschöpfungsrequiem“, Sonntag, 19. Dezember 2021, 14.05 Uhr)

15:05 Uhr | Deutschlandfunk Kultur
Interpretationen: Pionier und Publikumsliebling – Das Dritte Violinkonzert von Camille Saint-Saëns

Gast: Michael Stegemann, Musikwissenschaftler. Moderation: Olaf Wilhelmer

19.04 | WDR 3
Hörspiel – Klimastreit: Der Klimawandel und die Schweiz

Von Michael Stauffer. Regie: der Autor. Produktion: WDR 2021

19:34:00 | Ö1
Saxofonistin Lisa Hofmaninger zu Gast bei Helmut Jasbar

„Debatte und Dialog“ könnte das Motto dieser ungewöhnlichen Begegnung lauten. Die junge und vielgefragte Lisa Hofmaninger, die sich auf Sopransaxofon und Bassklarinette spezialisiert hat, studierte bei Florian Bramböck und Andreas Schreiber an der Anton-Bruckner-Privatuniversität in Linz und ist seitdem unverzichtbarer Bestandteil der Jazzszene in Österreich. Hofmaninger ist fixes Mitglied im Quintett chuffDRONE und im Trio First Gig Never Happened, zudem konzertiert sie im Duo mit Schlagzeugerin Judith Schwarz.

In dieser Radiosession zeigt sie sich von ihrer frei improvisierenden Seite -und fordert Gastgeber und Gitarrist Helmut Jasbar zu musikalischen Debatten heraus. Daraus entsteht eine eigenwillige Mischung aus Free Jazz und instrumentalen Songwriter-Sphären, eine Feier des spontanen Moments, in dem die beiden Instrumente zueinander finden, ohne dass die Musizierenden ihre unterschiedlichen musikalischen Backgrounds verstecken müssen.

20:04 bis 21:30 | SR2 KulturRadio
JazzNow: KettenJazz Saarbrücken 2021

Reto Suhner Quartett. Aufnahme vom 7. Oktober in der Kettenfabrik Saarbrücken

20:55:00 | Ö1
Caetano Veloso: „A Foreign Sound“ (2004)

Die Música Popular Brasileira ist in ihrer Vielfalt wahrscheinlich einzigartig. Neben regionalen Musikstilen werden hier nordamerikanische, karibische und europäische Einflüsse verschmolzen. Blues, Jazz, Reggae und Rock erklingen vor allem im „Tropicalismo“, aufgekommen in den späten 1960er Jahren, gleichberechtigt neben Bossa Nova, Samba und anderen lateinamerikanischen Stilen. Diesen „künstlerischen Kannibalismus“ im Sinne des „Anthropophagischen Manifests“, in dem der Dichter Oswald de Andrade 1928 forderte, konsequent alle Einflüsse aus dem In-und Ausland aufzusaugen und miteinander zu vereinigen, lotet Caetano Veloso im Jahr 2004 im Album „A Foreign Sound“ aus, in dessen Rahmen er sich mit US-amerikanischer (Pop-)Musik aus verschiedenen Dekaden beschäftigt.

Da stehen Jazz-Standards von Cole Porter gleichberechtigt neben Songs von Bob Dylan und Grunge-Ikone Kurt Cobain. Caetano Velosos auch im Alter von 62 Jahren unglaublich frisch, jungenhaft und nicht selten betörend klingende Stimme verbindet die originellen Arrangements dieser scheinbar disparaten Musikstile mühelos miteinander.

22:08 – 23:00 | Ö1
Leitungsübergabe im echoraum – Generationenwechsel im echoraum

Seit bereits rund 30 Jahren ist der echoraum im 5. Bezirk einer der wichtigsten Wiener Veranstaltungs- und Produktionsorte für neue und experimentelle Musik. Ursprünglich von Werner Korn und Joseph Hartmann unter dem Namen „Theater Narrenkastl“ gegründet, war die ehemalige Tischlerei in der Sechshauserstraße 66 erst einmal ein Ort für eben unkonventionelle Theaterproduktionen. Zu Beginn der 1990er Jahre kam dann auch der Musikbetrieb hinzu, der sukzessive immer mehr Raum gewann. Nun steht im Echoraum ein Generationenwechsel an. Nach einer dreijährigen Phase „der intensivsten Übergangs- und Übergabebemühungen“ werden mit Jahreswechsel Sara Zlanabitnig und Alisa Beck die künstlerische und administrative Leitung übernehmen. Wir lassen in diesem Zeit-Ton extended gemeinsam mit Werner Korn die bewegte Geschichte des echoraum noch einmal Revue passieren und werfen mit Zlanabitnig und Beck einen Blick in die Zukunft. Gestaltung: Susanna Niedermayr

23:00 bis 00:00 | rbbKultur
Late Night Jazz: Wynton Kelly

Er war der Geschätzte unter den Unterschätzten. Sein tupfiger Ton, seine lässigen Linien und sein rhythmischer Drive machten den Pianisten zu einem der begehrtesten Begleiter im Jazz der 1950er- und 1960er-Jahre. Mit 39 schon starb Wynton Kelly, erschuf aber unvergängliche Klassiker – unter anderem mit Miles Davis und John Coltrane.

23.03 | WDR 3
Studio Neue Musik: Orchester-Probe

Das Spannendste passiert meist hinter verschlossenen Türen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Die Orchesterprobe ist die Bühne der Dirigenten, die im Konzert meist nur von hinten zu sehen sind, stumm bleiben. Umso beredter sind Dirigenten in der Probe, wo sie schalten und walten, Klartext sprechen, spitz und sarkastisch werden. Oder sich wie kleine Despoten austoben. Legendär sind Toscaninis Wutausbrüche, der mit Taktstock und Injurien um sich warf. Unfreiwillig komisch. Nachzuhören in heimlichen Mitschnitten. Die Probe ist der Ort, wo musikalisch gearbeitet wird, wo im besten Sinne die Fetzen fliegen, Reibung und Spannung, Nettigkeiten oder handfeste Beleidigungen ausgeteilt werden. Es gibt Probendirigenten, die vor allem hier, ohne Publikum, zuweilen nur hier zur Höchstform auflaufen. Die Probe als Ort, wo die Hauptsache passiert, wo Musik gemacht wird, wo Musik entsteht. Das Konzert wird da zusehends unwichtig, nur noch Zugabe. Elias Canetti war einer der ersten, der den Dirigenten als „Ausdruck für Macht“ genauer unter die Lupe nahm.

Die grotesken Momente der Beziehung zum Orchester, wie sie in Proben zu Tage treten, haben Karl Valentin (1933) und Federico Fellini (1978) in Szene gesetzt, Giorgio Battistelli hat Fellini folgend eine abendfüllende Oper verfasst. Auch andere Komponisten haben das Setting aufgegriffen, Orchesterproben in eigenen Stücken thematisiert. Dirigenten bekommen da meist ihr Fett ab. Oder eigene Kadenzen, in denen auch das Orchester schweigt und sie nur noch Stille schlagen.

Mit Ausschnitten aus: Gordon Kampe: Arturo und Georges, aus „Fat Finger Error“ für Orchester | Jannik Giger: Krypta, Installation | Simon Steen-Anderson: trio für Bigband, Chor, Orchester und Video | Giorgio Battistelli: Prova d’orchestra, Musiktheater | Michael Gielen: Mitbestimmungsmodell für Orchestermusiker und 3 Dirigenten

23:05 bis 00:00 | BR-KLASSIK
Musik der Welt: Saitenspiele aus dem Orient – Virtuosen der Oud

Von Michaela Fridrich. Einer Legende zufolge fällt die Geburtsstunde der arabischen Laute Oud mit den Ursprüngen der Menschheit zusammen: Lamech, Kains Sohn und Enkel von Adam und Eva, soll das Instrument aus Trauer um den Tod seines kleinen Sohnes gebaut haben. Tatsächlich gehört die Oud zu den ältesten Musikinstrumenten überhaupt: sie soll Mitte des 3. Jahrtausends vor Christus im heutigen Irak entstanden sein. Nachgewiesen ist ihre Existenz allerdings erst ab dem frühen Mittelalter. Heute wird der Klang der Oud mit der arabischen Tradition assoziiert, worin sie als „Königin der Instrumente“ eine herausgehobene Position einnimmt. Viele große Musiker vor allem des 20. Jahrhunderts wie Farid el Atrache oder Munir Bashir haben die Oud als ein virtuos solistisches Instrument geprägt sowie als eines, das sich besonders zur Begleitung arabischer Gesangslyrik eignet. Doch seit einiger Zeit beschreiten Interpreten und – das ist neu – Interpretinnen mit der Oud ganz neue Wege und erweitern die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten und das stilistische Potenzial des Saiteninstruments. Dabei zeigt sich die fast unerschöpfliche Vielseitigkeit dieser Lautenart, die sich im Jazz genauso authentisch und natürlich ausnimmt wie in der westlichen Klassik oder in experimentellen Musikformen.